Märchennutzen – Märchen nutzen

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Haben Märchen auch heute noch einen Nutzen? Kann man Märchen heilend nutzen? Wie kann man Märchen heilend nutzen? Auf diese Fragen gibt euch diese Informationsseite über Märchen Antworten.

Die Märchenseite: der heilende Umgang mit Märchen

Sind Märchen nicht schon von sich aus ganz grundsätzlich heilend? Das wird jedenfalls von manchen behauptet. Märchen werden zur Heilung in der Märchenpsychologie und Märchenpsychotherapie sowie in der Altenpflege beispielsweise bei Demenz eingesetzt. Als Märchenpädagogik werden sie Kindern vorgelesen und im Kindergarten und in der Grundschule verwendet. Es gibt Märchenstunden des sozialen Zusammenseins, berufliche Märchenerzählerinnen und Märchenerzähler, Märchentage, Märchenmuseen, Märchenfilme und Märchenwitze. In der Märchenforschung wird sich wissenschaftlich mit Märchen befasst und gesellschaftlich stehen Märchen kritisch in der Diskussion. Märchengruppen in den sozialen Medien sind ebenso verbreitet wie Märchenforen, Märchenvereine und Märchenverbände. Dementsprechend groß ist der Einfluss der Märchen auf das gesellschaftliche Bewusstsein.

Vom 1.Dezember 2022 bis 1.Januar 2023 werde ich als diesjähriges Weihnachtsprojekt jeden Tag zu einem Märchenthema Hilfestellung zum heilenden Umgang mit Märchen geben. Wer möchte, kann mir vor Beginn des Weihnachtsprojektes per E-Mail Fragen zu dem Umgang mit Märchen einreichen, die ich dann im Rahmen des Weihnachtsprojektes beantworten werde. Sind es zu viele Fragen, um sie alle mit ins Weihnachtsprojekt hineinzunehmen, werde ich sie euch persönlich beantworten.

26.11.2022, Märchen-Nutzen – Märchen nutzen: Das Märchen Weihnachtsprojekt

Von Märchen wird gesagt, dass sie heilende Kraft besitzen. Es heißt, dass sie der Seele guttun, Bewusstseinsentwicklung fördern und der psychischen Gesundheit dienen. Zugleich stehen Märchen aber auch als veraltet und zu grausam in der Kritik.

In diesem Weihnachtsprojekt werden all diese Inhalte jeden Tag mit einem interessanten Beitrag genauestens untersucht werden. Dazu wird an den nächsten drei Tagen zunächst jeweils kurz darauf eingegangen, was Bewusstsein, die Seele und die Psyche sind, bevor die Märchen darauf bezogen werden.

Eine Übersicht am vierten Tag wird außerdem die vielfältigen Themen verraten, mit denen Märchen zu tun haben. Es werden die unterschiedlichsten Verwendungsformen der Märchen (z.B. im Kindergarten, in der Schule, in der Psychotherapie, bei Demenz, durch Märchenerzähler/innen, in der Wissenschaft usw.) durchleuchtet. Insofern sind viele interessante und helfende Beiträge zu erwarten, die für die vielfältigen Märchenthemen nützlich sind.

27.11.2022 (1. Advent), Märchen-Nutzen – Märchen nutzen: Märchen und Bewusstsein

Bewusstes und Unbewusstes, das kollektive Unbewusste, Archetypen, Ich, Es und Über-Ich sind Begriffe, von denen die meisten zumindest schon mal etwas gehört haben. Die Theorien hinter diesen Begriffen werden unter anderem auch auf Märchen bezogen. Sie haben dann regelmäßig die Aufgabe, eine positive Wirkung der Märchen zu erklären.

Obwohl inzwischen viele der Heilkraft von Märchen skeptisch gegenüber stehen und Märchen als veraltet ansehen, werden Märchen durch diesen Theorie-Rückhalt schon in Kindergärten verwendet und gehören in der Schule sogar zum Lehrplan. Darüber hinaus wird von Märchen behauptet, dass sie therapeutische Wirkung haben sollen. Außerdem bereichern sie das gesellschaftliche Zusammensein und es gibt professionelle Märchenerzählerinnen und Märchenerzähler.

Wie positiv, oder auch nicht, Märchen tatsächlich für das menschliche Bewusstsein sind, wird in dieser Weihnachtszeit vom 1. Dezember bis 1. Januar mit täglichen Beiträgen untersucht werden. Bewusstsein ist dafür nach Ayleen Lyschamaya: „Das, was dafür sorgt, dass etwas entsteht, ist Bewusstsein. Alles, was entsteht, ist der Ausdruck von Bewusstsein.“

28.11.2022, Märchen-Nutzen – Märchen nutzen: Märchen als Seelengeschichten

Von den Märchen wird gesagt, dass sie für die Seele gut sein sollen. Manchmal werden Märchen auch schon gleich als Seelengeschichten bezeichnet. Es wird behauptet, dass Märchen Nahrung für die Seele sind und die Seele zum Singen bringen. Den Märchen wird zugeschrieben, zugleich ein Spiegel der Seele zu sein und die Seele zu berühren.

Was ist mit Seele gemeint? Das ist keineswegs eindeutig, sondern hängt von der jeweiligen Weltanschauung ab. Als Gesamtheit aller Gefühlsregungen und geistigen Vorgänge wird die Seele im heutigen Sprachgebrauch oft als weiterer Begriff für „Psyche“ (griechisch: Seele = Psyche) verwendet. Die Seele kann aber auch ein Prinzip bezeichnen, von dem angenommen wird, dass es diesen Regungen und Vorgängen zugrunde liegt, sie ordnet und auch körperliche Vorgänge herbeiführt oder beeinflusst.[1]

Wenn man sich die vielfältigen Verwendungen von Märchen ansieht, scheinen auch die zugrundeliegenden Vorstellungen von der Seele ebenso vielfältig zu sein. Umso wichtiger ist es, von vorne herein Klarheit zu schaffen. Ayleen Lyschamaya unterscheidet die Seele als das zugrundeliegende Lebensprinzip von der irdischen Psyche. Die Seele ist die Liebesenergie, die sich ins irdische Leben hinein inkarniert.

Die Seele und das Bewusstsein gehören zusammen und setzen sich als Wiedergeburten über die einzelnen Leben hinweg fort. Sie gestalten das jeweilige Leben gemeinsam, zusammen mit der irdischen Psyche und dem Körper. Die Liebesenergie der Seele bewirkt die Liebesfähigkeit des Menschen.

[1] Wikipedia zu „Seele“ (Stand 11/2022).

29.11.2022, Märchen-Nutzen – Märchen nutzen: Märchen und Psychologie

Die Psychologie beschäftigt sich mit menschlichem Erleben und Verhalten. Märchen geben das menschliche Erleben von Generation zu Generation als Verhaltensanleitungen weiter. Was liegt näher, als dass Märchen psychologisch gedeutet werden. Psychologinnen und Psychologen beschäftigen sich seit vielen Jahren intensiv mit Märchenanalysen.

Für diese Märchenanalysen geht die Psychologie von innerlich komplexen Menschen aus, die Teil eines sozialen Systems sind. So kommt sie zu drei Analyseebenen biologischer, psychologischer und soziokultureller Einflüsse. Zur biologischen Analyseebene gehören die Merkmale, die für das Überleben und die Fortpflanzung vorteilhaft sind. Zu den psychologischen Einflüssen zählen erlernte Erwartungen, wie zum Beispiel erlernte Ängste. Auch emotionale Reaktionen, kognitive Verarbeitungen und Wahrnehmungsinterpretationen werden unter die psychologischen Einflüsse gefasst. Zu den soziokulturellen Einflüssen zählen das soziale Umfeld ebenso wie die Erwartungen der Kultur, Gesellschaft und Familie, auch einzelner Gruppen beispielsweise der Gleichaltrigen.[1]

Die psychologischen Märchenanalysen legen ihren Schwerpunkt auf die Lebensanleitungen der einzelnen Märchen mit deren emotionalen Verarbeitungsangeboten. Die soziokulturellen Einflüsse der Märchen werden als vorgegebener hilfreicher Standard für die Menschen berücksichtigt. Dazu wird eine Art kulturelle Lebensweisheit unterstellt. Inwieweit diese kulturelle Lebensweisheit spirituelle Aspekte mit einbezieht, wird von den Psychologinnen und Psycholigen unterschiedlich gedeutet.

In diesem Weihnachtsprojekt wird es vor allem um die psychologischen und soziokulturellen Einflüsse gehen. Dazu werden insbesondere auch die soziokulturellen Einflüsse als kulturelle Lebensweisheiten untersucht werden, denn die Märchen selber sind ein soziokultureller Einfluss. Das heißt, die Märchen vermitteln als soziales Umfeld die Erwartungen der Kultur, Gesellschaft und Familie.

[1] Wikipedia zu „Psychologie“ (Stand 11/2022).

30.11.2022, Märchen-Nutzen – Märchen nutzen: Themenübersicht

Diese Märchenweihnachtszeit möchte aufdecken, was in den Märchen versteckt ist. Dafür soll nicht die bereits bekannte Diskussion für oder gegen Märchen lediglich wiederholt werden, auch wenn sie mit einbezogen wird. Vielmehr wird die tiefgründige Basis unter dem bereits Bekannten offengelegt. Es geht um das Durchschauen von dem, was hinter dem Offensichtlichen in den Märchen verborgen ist. Dreißig interessante Beiträge zu unterschiedlichsten Themen rund um Märchen sind vom 1. Dezember bis zum 1. Januar zu erwarten:

  1. Märchen-Nutzen – Märchen nutzen: Märchenwald-Freizeitparks
  2. Märchen-Nutzen – Märchen nutzen: Märchen als geselliges Ereignis
  3. Märchen-Nutzen – Märchen nutzen: Märchentage
  4. Märchen-Nutzen – Märchen nutzen: Märchen und Spiritualität
  5. Märchen-Nutzen – Märchen nutzen: Die Seele in den Märchen
  6. Märchen-Nutzen – Märchen nutzen: Märchen, geliebt und abgelehnt
  7. Märchen-Nutzen – Märchen nutzen: Märchen in der Pädagogik
  8. Märchen-Nutzen – Märchen nutzen: Märchen als Erziehungsmittel
  9. Märchen-Nutzen – Märchen nutzen: Märchen im Kindergarten
  10. Märchen-Nutzen – Märchen nutzen: Elterneinfluss auf Märchen im Kindergarten
  11. Märchen-Nutzen – Märchen nutzen: Geeignete Märchen im Kindergarten
  12. Märchen-Nutzen – Märchen nutzen: Märchenpädagogik für Kindergartenkinder
  13. Märchen-Nutzen – Märchen nutzen: Märchen im Schulunterricht
  14. Märchen-Nutzen – Märchen nutzen: Märchenumgang in der Schule
  15. Märchen-Nutzen – Märchen nutzen: Märchenpsychologie
  16. Märchen-Nutzen – Märchen nutzen: Märchenpsychologie kollektives Unbewusstes
  17. Märchen-Nutzen – Märchen nutzen: Märchenpsychologie Es, Ich und Über-Ich
  18. Märchen-Nutzen – Märchen nutzen: Märchentherapie als Lösungsanleitung
  19. Märchen-Nutzen – Märchen nutzen: Märchentherapie und der Sinn des Lebens
  20. Märchen-Nutzen – Märchen nutzen: Märchen bei Demenz
  21. Märchen-Nutzen – Märchen nutzen: Märchen von altem Brauchtum bis Zukunft
  22. Märchen-Nutzen – Märchen nutzen: Märchenerzählerinnen und Märchenerzähler
  23. Märchen-Nutzen – Märchen nutzen: Märchenvorleserinnen und Märchenvorleser
  24. Märchen-Nutzen – Märchen nutzen: Märchenherkunft
  25. Märchen-Nutzen – Märchen nutzen: Märchen in Wissenschaft und Forschung
  26. Märchen-Nutzen – Märchen nutzen: Märchenforschung in Bezug auf Kinder
  27. Märchen-Nutzen – Märchen nutzen: Werte, Normen und Bewusstsein der Märchen
  28. Märchen-Nutzen – Märchen nutzen: Märchenempfehlung diskutiert
  29. Märchen-Nutzen – Märchen nutzen: Die grimmschen Kinder- und Hausmärchen
  30. Märchen-Nutzen – Märchen nutzen: Märchenzukunft

31 Gedanken zu „Märchennutzen – Märchen nutzen

  • 1. Dezember 2022 um 7:43 Uhr
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    1. Märchen-Nutzen – Märchen nutzen: Märchenwald-Freizeitparks

    In Deutschland gibt es mehr als dreißig Märchenwald-Freizeitparks für Familien, Geburtstage und Schulklassen. Im Wald gelegen verzaubern sie von ungefähr April bis September die Kinder mit den grimmschen Märchen. Viele Märchenfiguren sind nachgebildet und deren Geschichten werden vorgelesen und erzählt. Hinzu kommen die üblichen gastronomischen und Kinder unterhaltenden Angebote von Freizeitparks.

    Als beliebtes Ausflugsziel erfahren Kinder schon von klein auf die grimmschen Märchen als freudiges, gemeinsames Familienzusammensein. Positive Märchenerfahrungen werden über alle Sinne aufgenommen. Dies verstärkt die ohnehin bildhaft gut einprägsamen Märchen noch zusätzlich im Bewusstsein der Kinder. Innerhalb der Familien, mit Freunden und als Schulklassen werden gemeinsame Werte gepflegt.

    Die Art des geselligen Zusammenseins hat zweifellos ihren positiven Wert. Doch wie sieht es mit den Inhalten aus? Speziell im Rahmen gemeinsamen Freizeitvergnügens kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Inhalte der Märchen kritisch hinterfragt werden. Darüber hinaus sind kleine Kinder, an die sich die Freizeitparks vor allem richten, zu kritischer Reflektion ohnehin noch nicht in der Lage. Dementsprechend vertrauen die Eltern und Lehrerinnen und Lehrer, die mit ihren Kindern die Märchenwald-Freizeitparks besuchen, darauf, den Kindern damit etwas Gutes zu tun.

    Hinter der Entscheidung für oder gegen einen Märchenwald-Besuch verbirgt sich zugleich die pädagogische Einstellung der Erwachsenen gegenüber Märchen. Märchen sind stark umstritten und stehen seit Jahrzehnten immer wieder in unterschiedlichem Ausmaß in der öffentlichen Kritik. Hauptsächlich werden den Märchen Grausamkeiten und veraltete Rollenbilder vorgeworfen. Tatsächlich geht die Kritik noch weiter. Die meisten grimmschen Märchen enthalten versteckte, negative Bewusstseinsbotschaften.

  • 2. Dezember 2022 um 8:32 Uhr
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    2. Märchen-Nutzen – Märchen nutzen: Märchen als geselliges Ereignis

    Märchen hatten ursprünglich vor allem die Aufgabe zu unterhalten. Als es noch keine Massenmedien gab, haben sich die Menschen in geselligem Beisammensein Märchen erzählt. Erzählen, später auch im Sinne von Vorlesen, ist ein wichtiges soziales Bedürfnis, das Sicherheit vermittelt und Beziehungen pflegt. Insbesondere die emotionale Atmosphäre erinnern Erwachsene, wenn sie später an die Märchen zurückdenken. Dementsprechend werden Märchen als besonders wirksam angesehen, wenn sie in einer vertrauten Situation vorgelesen oder erzählt werden, denn dadurch wird diese ganz besondere emotionale Atmosphäre hergestellt.

    Über die eigene Familie und kleine Gruppen, wie beispielsweise im Kindergarten oder in der Schule, hinaus schaffen die Volksmärchen auch eine kulturelle Zugehörigkeit. Auf der ganzen Welt werden sich Märchen erzählt und vorgelesen. Daher können Märchen auch als Integrationshilfe verwendet werden, wenn sie sich kulturübergreifend gegenseitig erzählt oder vorgelesen werden. Dabei können in der archetypischen Symbolik grundlegende Gemeinsamkeiten entdeckt werden. Zum Beispiel entspricht die bei der slawischen Bevölkerung sehr populäre Märchenfigur „Baba Jaga“ in ihrer archetypischen Symbolik der „Hexe“ in den grimmschen Märchen.

    Durch ihre positive soziale Funktion für die Gemeinschaft, sei es im kleinen Rahmen der Familie oder im großen interkulturellen Rahmen der Welt, sind Märchen auch heute noch bei vielen Menschen sehr beliebt. Auf keinen Fall möchten sie dieses Kulturgut aufgeben. Tatsächlich würde es Märchen nicht heute noch im Zeitalter der Massenmedien über Kultur-, Länder- und Sprachgrenzen hinweg überall auf der Welt geben, wenn sie nicht wichtig für die Menschen wären.

    Ihre Bedeutung haben die Märchen, trotz aller Kritik an ihnen, vor allem durch ihre Kombination aus vertrauter Gemeinschaft und berührender archetypischer Symbolik bis in die Gegenwart hinein aufrechterhalten können. Werden die Märchen auch noch weiterhin zur Erfüllung dieser Bedürfnisse gebraucht? Die vertraute Gemeinschaft lässt sich ebenso gut durch andere, inhaltlich wertvollere Geschichten herstellen. Die archetypische Symbolik berührt zwar innerlich durch ihre Bilder, führt jedoch genau durch diese in eine falsche Bewusstseinsrichtung.

    Märchen als literarische Form sind durch ihre intensive Wirkung besonders wertvoll. Entscheidend ist jedoch, welchen Inhalt sie weitergeben. Die versteckten Botschaften der grimmschen Volksmärchen sind für die Menschen schädlich.

  • 3. Dezember 2022 um 8:52 Uhr
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    3. Märchen-Nutzen – Märchen nutzen: Märchentage

    In Berlin fanden in diesem Jahr vom 3. bis 20. November 2022 zum 33. Mal Märchentage statt. Die 19. Hamburger Märchentage wurden als Lese-Fest an einem Tag, dem 3.November, veranstaltet. Die Schleswiger Märchentage gingen vom 31. Oktober bis 11. November in die 13. Runde. Am Wochenende vom 28. bis 30. Oktober war es wieder soweit für die Märchen- und Sagentage in Reichelsheim. Die 11. Niederzwehrener (Kassel) Märchentage boten vom 23. September bis zum 2. Oktober „märchenhafte Veranstaltungen“. In Bad Säckingen lockten vom 21. bis 23. Oktober Märchentage in die Altstadt.

    Dies sind einige Beispiele der Veranstaltungen, die im Herbst stattfanden und sich als „Märchentage“ bezeichnen. Außer dass sie alle an Märchen anknüpfen und jährlich im Herbst stattfinden, haben diese Märchentage nicht allzu viel gemeinsam. Die Ziele reichen von Lese- und Schreibförderungsprojekten vorwiegend als interaktive Präsenz-Lesungen in Schulen bis hin zu Verkaufsmarketing für Geschäfte. Einige Märchentage bieten ein buntes, vielfältiges Programm mit Vorträgen, Lesungen, Konzerten und Theateraufführungen an einem Ort im Stadtzentrum oder aber auch als Einzelveranstaltungen über die gesamte Stadt verteilt. Die Zielsetzungen der Veranstaltungen reichen von Unterhaltung bis hin zu politischer Bildung. Andere Märchentage wiederum beinhalten, dass Erzählerinnen und Erzähler Kindertagesstätten, Schulen und Seniorenheime aufsuchen.

    Ebenso vielfältig wie die Zielsetzungen und Inhalte der Märchentage sind auch die Beteiligten. Zu ihnen gehören natürlich erst einmal die Städte selber und dann beispielsweise Kindergärten, Schulen, Kirchen, Vereine und Verbände, Künstler, Sponsoren, Geschäfte und Marketingfachleute. Die Märchentage finden unter anderem in Innenstädten, Theatern, Bibliotheken, Buchhandlungen, Museen und Cafés statt.

    Insgesamt machen die Märchentage den Eindruck, als wenn es gar nicht in erster Linie um die Märchen als solche geht, sondern um vielfältigste Interessen. Diese benutzen eher die Märchen als ansprechendes Thema, um die Menschen zu erreichen. Insofern braucht es die Märchen mit ihren versteckten schädlichen Bewusstseinsbotschaften als solche nicht. Tatsächlich lenken die Märchen nur von der eigentlichen Zielsetzung ab. Offengelegt könnten positive pädagogische Zielsetzungen direkter erreicht werden.

  • 4. Dezember 2022 um 8:50 Uhr
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    4. Märchen-Nutzen – Märchen nutzen: Märchen und Spiritualität

    Von Märchen wird behauptet, dass sie universelle Weisheitslehre beinhalten, das Prinzip des ewigen Guten weitergeben, spirituelle Einsichten vermitteln und die Seele ansprechen. Dies soll sich nach den Erkenntnissen der Neurobiologie[1] bis in das Gehirn hinein positiv auswirken. Allerdings stellt die Neurobiologie schon gleich selber fest, dass diese positive Wirkung nicht auf die Inhalte der Märchen zurückzuführen ist, sondern auf den Vorgang des Erzählens und Erzählt-Bekommens. Die emotionalen Zentren im Gehirn werden durch spannende Erzählungen aktiviert und dadurch die Verbindungen zwischen den Nervenzellen gefördert. Dies hat jedoch nichts speziell mit Märchen zu tun, sondern ganz generell mit dem positiven Effekt von erzählten Geschichten.

    Lässt man den generellen positiven Effekt erzählter Geschichten außer Acht und bezieht sich speziell auf Märchen, werden insbesondere drei große Lebensfragen[2] genannt. Die erste Herausforderung sei das Erwachsen werden. In Märchen gibt es fast keine guten Eltern, weil es als Entwicklungsaufgabe angesehen wird, sich von den Erwartungen zu lösen, die kleine Kinder an sie hatten. Insofern sind Märchen für kleine Kinder nicht zu empfehlen, denn in diesem Lebensabschnitt ist es sehr wichtig, sich auf die eigenen Eltern als fürsorglich und gut verlassen zu können.

    Als zweite Lebensfrage wird das Vertrauen in die Liebe und in das Gute aufgezählt. Die dritte Lebensfrage, die eher bei den Nebenfiguren zu finden ist, wird als vom Abschied nehmen handelnd angesehen. Diese beiden Lebensfragen lassen sich dazu zusammenfassen, was als beständig und Halt gebend im Leben wirklich zählt. Es geht darum, was wichtig im Leben ist, um den Sinn des Lebens und um die Liebe der Seele.

    Märchen inspirieren durch ihre archetypische Symbolik. Sie berühren Verborgenes im Bewusstsein, was als universelle Weisheitslehre interpretiert wird. Beim guten Ende, wird angenommen, geht es um das Ewig-Gute, nach dem sich die Menschen sehnen. Von den Prüfungen in den Märchen wird gesagt, dass sie weg von der Ego-Bezogenheit zur Entscheidung für die höhere Wahrheit anleiten.

    Diese positiven Botschaften werden den Märchen deshalb zugeschrieben, weil sie durch ihre bildhafte Sprache mit archetypischer Symbolik das Unbewusste berühren. Es wird dadurch gefühlt, dass die Märchen dem Kern des eigenen Wesens etwas zu sagen haben. Das haben Märchen tatsächlich. Nur wie genau diese Märchenbotschaften lauten, bekommen die Menschen nicht mit, weil sich alles in ihrem Unbewussten abspielt.

    In diesem Unbewussten befinden sich unter anderem der universelle Zugang ebenso wie die Seele und göttlicher Bewusstseinsinhalt. Deswegen wird dieses Gute mit im Unbewussten gefühlt und daraus geschlussfolgert, dass die Märchenbotschaften insgesamt positiv sein müssten. Zusätzlich jedoch enthält das Unbewusste auch Verdrängtes und insbesondere Machtanspruch. Tatsächlich sind die meisten versteckten Märchenbotschaften eine Anleitung dafür, wie sich der Ego-Machtanspruch über die Seele stellt. Diese Märchenbotschaften werden durch rationale Analyse nicht erfasst, weil sich die bildhaften Anleitungen dazu ganz und gar im Unterbewusstsein der Menschen auswirken.

    [1] Der Neurobiologe Gerald Hüther im Vorwort zu „Märchen für die Seele“ von Heinrich Dickerhoff, 2010; diese Jubiläumsausgabe vereint die Volksmärchen aus drei Einzelbänden der Europäischen Märchengesellschaft, darunter viele der Gebrüder Grimm.

    [2] Heinrich Dickerhoff in „Märchen erzählen – Bilder von Träumen, Spiegel der Seele“ von Spirit Online, 2021.

  • 5. Dezember 2022 um 8:16 Uhr
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    5. Märchen-Nutzen – Märchen nutzen: Die Seele in den Märchen

    Märchen werden gerne als „Seelengeschichten“ und „Geschichten für die Seele“ bezeichnet, dies oftmals im Sinne übergeordneter Weisheit. Die Märcheninhalte werden als die Seele ansprechend angesehen. Von der archetypischen Bildersprache wird angenommen, dass deren Symbolik die Seele stärkt. Hinzu kommt die persönliche Beziehung beim Erzählen oder Vorlesen von Märchen, die ebenfalls als Seelenverbindung betrachtet wird. Insofern wird alles „rund um die Märchen“ der Seele zugschrieben. Wie sieht es aber mit der Seele direkt in den Märchen aus?

    „Im Land der Seele“[1] heißt ein Buch, das neunzehn Märchen der Gebrüder Grimm nach der ursprünglichen Initiationsstruktur neu erzählt. Aus alter schamanischer Tradition heraus wird ein neuer Zugang zu seelischer Verbundenheit mit der Wirklichkeit hergestellt. Viele Volksmärchen werden als Initiationsmärchen, das heißt, als Hilfe für einen Übergang, angesehen. Diese Übergänge werden unter anderem sowohl entwicklungspsychologisch als auch spirituell gedeutet.

    Inwieweit sich Initiationsmärchen in archaischer Form direkt auf Reifezeremonien beziehen, ist umstritten.[2] Der Philologe (Sprach- und Literaturwissenschaftler) Wladimir Propp[3] ging davon aus, dass die Märchen nicht auf die menschliche Psyche zurückzuführen sind, sondern auf die historische Realität der Vergangenheit. Dieser Widerspruch löst sich auf, wenn man das beidem zugrundeliegende Bewusstsein als Basis berücksichtigt. Sowohl die Psyche als auch das kollektive Handeln beruhen auf dem Bewusstsein. Insofern ergeben sich die Übereinstimmungen zwangsläufig.

    Beide, die Psyche ebenso wie die Reifezeremonien, geben Hinweise auf das zugrundeliegende Bewusstsein. Dies allerdings ist umfassender als es alleine die Psyche und die Reifezeremonien ins rationale Verständnis transportieren, weil das zugrundeliegende Bewusstsein viel Unbewusstes enthält. Deshalb werden die Märchenbotschaften mit beiden Deutungsformen (psychologischem und historischem Ansatz) nur unzureichend bis gar nicht erfasst.

    Psychologisch wird beispielsweise bei Rapunzel und Dornröschen von Mädchen in der Adoleszenz ausgegangen.[4] Das Initiationsmärchen Schneewittchen verdichtet in sich verschiedenste kulturelle Zugangsformen. So gibt es in Schneewittchen Aspekte der Psychologie, der Soziologie, der Geschichte, der christlichen Theologie, der griechischen Mythologie, der Kosmologie und der Symbolik.[5] Aus dieser Vielfalt der Zugänge zu Schneewittchen ergeben sich die unterschiedlichsten Deutungsversuche.

    Deren viele verschiedene Ergebnisse beruhen darauf, dass sie alle nicht bei der zugrundeliegenden Bewusstseinsbasis, sondern bei deren schon differenzierten Ausdrucksformen ansetzen. Die unterschiedlichen Perspektiven der jeweiligen Zugänge kommen hinzu und verstärken die Interpretationsvielfalt zusätzlich. Die eigentliche Vielfalt ergibt sich aber bereits vorher durch das unvollständige Erfassen der zugrundeliegenden Bewusstseinsbasis.

    Die Menschen spüren die Seele im Märchen Schneewittchen. Zugleich können sie bewusst aber nur das Offensichtliche, die Beziehungen zwischen Schneewittchen und der Stiefmutter, den sieben Zwergen und dem Prinzen, interpretieren. Im zusätzlichen Unbewussten symbolisiert die Märchenfigur Schneewittchen direkt die Seele, sodass die bereits intuitiv gespürte Seele konkret zugeordnet werden kann. Das Märchen Schneewittchen beschreibt damit die Erfahrungen der Seele. Die unbewusste Märchenbotschaft bezieht sich auf den Umgang mit der Seele. Durch die archetypische Symbolik wird die versteckte Märchenbotschaft vom Unbewussten der Menschen entsprechend verstanden.

    Die unbewusste Märchenbotschaft von Schneewittchen ist eine Anleitung dafür, wie sich die Seele dem Ego-Bewusstseinsanteil unterzuordnen hat. Dieser Endzustand entspricht dem durchschnittlichen Erwachsenen-Bewusstsein heutiger Menschen. In diesen führten historisch die Reifezeremonien und zugleich ist er aktueller Inhalt der Psychologie.

    [1] „Im Land der Seele“ von Ursula Seghezzi, 2015.

    [2] PlusPedia und Marjorie-Wiki zu „Initiationsmärchen“, (Stand 11/2022).

    [3] Wikipedia zu „Wladimir Propp“, (Stand 11/2022).

    [4] „Von schönen Prinzessinnen, klugen Mädchen und bösen Hexen, Frauengestalten im Märchen“ von Barbara Gobrecht, 2016.

    [5] Wikipedia zu „Schneewittchen“, (Stand 11/2022).

  • 6. Dezember 2022 um 8:11 Uhr
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    6. Märchen-Nutzen – Märchen nutzen: Märchen, geliebt und abgelehnt

    Die große Mehrheit der Erwachsenen in Deutschland (81 Prozent) erinnerte sich in einer Umfrage[1] 2003 an mindestens drei Märchen, die sie aus der Kindheit kannten. Ganz vorn in der Hitparade der Märchen standen „Schneewittchen“ und „Hänsel und Gretel“, an die sich gleichermaßen 43 Prozent der Bevölkerung erinnerten. Außerdem befürworteten in der Umfrage 83 Prozent der Erwachsenen, Kindern Märchen vorzulesen.

    Das sind deutlich mehr Befürworterinnen und Befürworter als noch in den siebziger Jahren. In den siebziger Jahren waren Märchen in den Verdacht geraten, den Heranwachsenden falsche Werte zu vermitteln. Insbesondere die Gewaltdarstellungen in den Märchen spielten in den kritischen Diskussionen eine zentrale Rolle. Es wurde argumentiert, dass Märchen Gewalt legitimieren, weil sie aggressive Lösungsmuster anbieten. Vermutet wurde, dass die Gewalt in den Märchen Aggressionen und Ängste bei Kindern hervorrufen können. Schließlich hat die Märchenforschung die Märchen rehabilitiert.[2]

    Doch nehmen die kritischen Stimmen wieder zu. Eltern und Pädagoginnen und Pädagogen bemängeln, dass Märchen aus einer überholten, autoritären Zeit stammen, die Geschlechter auf überkommene Rollenbilder festlegen und für zarte Kinderseelen viel zu grausam sind. Eine Mutter aus England hat zum Wachküssen von Dornröschen die Diskussion begonnen, dass Märchen frauenfeindliche Stereotype am Leben erhalten. Die Bildzeitung befürchtet sogar, dass die Märchen gesellschaftlich auf der Kippe stehen.[3]

    Pädagogisch und in den Rollenbildern veraltet sowie zu grausam sind die vielfach diskutierten und damit bekannten Kritikpunkte gegenüber Märchen. Doch schon Goebbels hatte bereits 1937 treffend formuliert: „In dem Augenblick, da eine Propaganda bewusst wird, ist sie unwirksam!“ Propaganda solle „nur durch Haltung, durch Ablauf, durch Vorgänge, durch Kontrastierung von Menschen in Erscheinung treten.“[4]

    Diese besonders wirkungsvolle versteckte kollektive Beeinflussung geschieht mit den Märchen dadurch, dass sie durch archetypische Symbole und bildhafte Sprache das Unbewusste ansprechen. Unbewusst werden so durch die Märchen gesellschaftliche Werte und Normen von Generation zu Generation weitergegeben. Welche versteckten Botschaften dies sind, deckt das Buch „Welche Botschaft vermitteln die grimmschen Märchen?“[5] auf.

    Wenn man diese versteckten Botschaften kennt, überrascht es nicht weiter, dass ausgerechnet die Märchenforschung die Märchen rehabilitiert hat. In der Märchenhistorie vermittelt „Schneewittchen“ den Wandel hin zum machtdominierten Bewusstsein. Durch das spätere Märchen „Hänsel und Gretel“ wird das machtdominierte Bewusstsein stabilisiert. Wer hatte historisch die Macht im kollektiven Bewusstsein?

    In der Märchenhistorie ist aufgrund der versteckten Märchenbotschaften[6] gut zu erkennen, wie der ursprüngliche natürliche spirituelle Zugang zunächst durch die Kirche und dann durch eine rationale Weltanschauung übernommen wurde. Zuletzt hatte bis zur Zeitenwende die rationale Weltanschauung die kollektive Macht. Diese beruht auf Wissenschaft und Forschung. Insofern hat die Märchenforschung ein großes Eigeninteresse daran, ihren gesellschaftlichen Einfluss dadurch zu behalten, dass die unbewussten Märchenbotschaften weiterhin das kollektive Bewusstsein von Generation zu Generation prägen.

    Märchen fördern nicht die kindliche oder gesellschaftliche Entwicklung. Stattdessen beeinflussen sie durch ihren symbolisch-bildhaften Stil und durch ihre unerkannten, versteckten archetypischen Botschaften hochwirksam das kollektive Bewusstsein. Dieses kollektive Bewusstsein wird seit der Zeitenwende von Musubi geheilt. Deswegen gibt es nunmehr die überarbeiteten Märchen „Gretel und Hänsel“ und „Schneewittchen heilt die Königin“.

    [1] Allensbacher Archiv, IfD-Umfrage 7042, April/Mai 2003.

    [2] „Bruno Bettelheim: Kinder brauchen Märchen“ von Heike vom Orde, 2012.

    [3] „Die Diskussion um Märchen ist der wahre Albtraum“ von Max Boeddeker, 28.8.2021.

    [4] Goebbels zitiert bei „Einmarsch ins Märchenreich“ von Ron Schlesinger, 12.4.2010, in: „Der Spiegel“.

    [5] „Welche Botschaft vermitteln die grimmschen Märchen?“ von Ayleen Lyschamaya, https://amzn.to/3BNznb8

    [6] „Welche Botschaft vermitteln die grimmschen Märchen?“ von Ayleen Lyschamaya, https://amzn.to/3BNznb8

  • 7. Dezember 2022 um 8:29 Uhr
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    7. Märchen-Nutzen – Märchen nutzen: Märchen in der Pädagogik

    Märchen inspirieren und regen archetypische Schichten im menschlichen Bewusstsein an. Für Kinder sind es die einfachen, klaren Bilder ihrer Fantasiewelt, welche die Liebe zu Märchen erklärt. In Märchen sind Ordnungsstrukturen des Lebens verborgen. Die Innenwelt ordnet sich, ohne dass die Kinder die Mechanismen, die zu der Ordnung geführt haben, bewusst wahrnehmen. Das heißt, mit den Märchen werden den Kindern Lebensanleitungen vorgelesen. Diese verankern die gesellschaftlichen Werte und Normen als versteckte Botschaften im Unbewussten der Heranwachsenden.

    Insofern haben Märchen eine besonders starke pädagogische Wirksamkeit. Umso wichtiger ist es, als Pädagoginnen, Pädagogen und Eltern die versteckten Botschaften der Märchen zu kennen.[1] Ein häufiger Kritikpunkt an den Märchen ist, dass sie schwache Weiblichkeit[2] vermitteln. Dazu sind einige Grundmotive in verschiedenen Varianten besonders häufig in den Märchen zu finden.

    Ein Grundmotiv ist die vom Weiblichen schikanierte Heldin, die vom Männlichen gerettet wird. Diese Hoffnung auf den Märchenprinzen tragen viele Frauen ihr Leben lang mit sich herum. Schon die Kinder, in Identifikation mit der Heldin vor allem die kleinen Mädchen, lernen unbewusst gleich drei Lebensweisheiten.

    Erstens erfahren die Kinder, noch besonders offen für äußere Einflüsse, von klein auf durch Märchen, dass das Weibliche böse ist und Konkurrenz bedeutet. (Stief-)Mütterlicher Liebe, weiblicher Gemeinschaft und ganz generell weiblichen Beziehungen ist nicht zu trauen. Zweitens wird die Heldin selber alleine als hilflos empfunden. Nicht sie ist in den Märchen stark[3], sondern braucht Hilfe. Drittens wird gelernt, dass diese Hilfe in Form dauerhafter Erlösung die Rettung durch einen Mann ist.

    In einem weiteren Grundmotiv befindet sich die Heldin in einem verletzlichen Übergangsstadium, beispielsweise als Braut in „Die Gänsemagd“ oder als Wöchnerin. Sie ist zwar schon auf den Mann ausgerichtet, aber der Mann ist als Bräutigam noch nicht erreicht oder er befindet sich über die Geburt hinweg auf Reisen. Dies nutzt das böse Weibliche aus, um die Heldin zu beseitigen und ihr den Mann zu nehmen. Wieder ist das Weibliche das Böse und der Mann ist die Rettung. Um diesen wird durch das Weibliche erbittert gekämpft.

    Die Erlösung besteht darin, dass die Heldin die Distanz zu ihrem Mann überwindet. Während im ersten Beziehungsthema der Mann die Rettung ist, geht es in diesem zweiten Beziehungsthema darum, den Mann nun auch noch dauerhaft zu halten. Der Grundstein für eine abhängige Beziehung ist gelegt.

    Die beiden Grundmotive abhängiger Beziehung werden durch ein drittes Grundmotiv stabilisiert, welches die Stärke des Weiblichen zerstört. So wird vor weisen alten Frauen mit magischen Kräften als bösen Hexen Angst gemacht. Dadurch wird die magische Weltsicht, aus der sich die spirituellen Fähigkeiten entwickeln, als bedrohlich verunsichert. Außerdem wird die lebenskompetente Unterstützung erfahrener Stiefmütter ins Gegenteil verkehrt. Schließlich werden noch würdevolle, unabhängige und selbstbewusste Frauen zu hochmütig und stolz überzeichnet (z.B. in König Drosselbart) und dafür gedemütigt.

    Eine weitere bedenkliche pädagogische Vorbildfunktion der Märchen ist zudem der Umgang mit Gefühlen. Die Gefühle werden nicht beschrieben oder auserzählt, sondern gleich in Handlung umgesetzt. So wirft die angewiderte Königstochter in „Der Froschkönig“ den Frosch an die Wand. Dies kann allerdings auch die Möglichkeit eröffnen, mit Kindern über ihre Gefühle und den Umgang mit Gefühlen zu sprechen. Tatsächlich bedarf es dazu aber nicht der Märchen, weil die meisten Kindergeschichten, ebenso wie der normale Alltag, ohnehin diese Möglichkeit bieten.

    Fazit: Pädagogisch sind Märchen für Kinder – und auch gesamtgesellschaftlich – nicht zu empfehlen. Doch was kann man als Eltern machen, solange die Kinder im Umfeld vielleicht noch mit Märchen zu tun haben? Hilfreich ist dann, das Verhalten der Märchenfiguren kindgerecht zu besprechen.

    [1] „Welche Botschaft vermitteln die grimmschen Märchen?“ von Ayleen Lyschamaya, https://amzn.to/3BNznb8

    [2] „Von schönen Prinzessinnen, klugen Mädchen und bösen Hexen, Frauengestalten im Märchen“ von Barbara Gobrecht, 2016.

    [3] Die gerne für weibliche Stärke angeführte Gretel ist als versteckte Bewusstseinsbotschaft ganz das Gegenteil, siehe dazu die Erläuterungen in „Gretel und Hänsel heilen die Hexe“.

  • 8. Dezember 2022 um 8:57 Uhr
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    8. Märchen-Nutzen – Märchen nutzen: Märchen als Erziehungsmittel

    An Märchen wird geschätzt, dass sie Kindern dabei helfen, sich sprachlich auszudrücken. Indem sich Kinder mit einer Märchenfigur identifizieren, finden sie Worte und Bilder für ihr inneres Erleben. Umgekehrt prägen zugleich aber auch die Märchenbilder das innere Erleben, was pädagogisch durchaus beabsichtigt ist.

    Schon die Gebrüder Grimm beabsichtigten mit der zweiten Auflage ihrer Märchensammlung ein Erziehungsbuch. Märchen gelten als pädagogisch, weil sie auf zugängliche Art und Weise sowohl Werte und Tugenden vermitteln als auch mahnende und abschreckende Wirkungen erzielen. Dadurch setzen sie Orientierungsmaßstäbe. Die Heldinnen und Helden haben immer eine Aufgabe zu bewältigen. Als Vorbild sind sie tapfer und halten auch unter schwierigen Bedingungen durch.

    Dagegen wird den Märchen vorgeworfen, der heutigen pädagogischen Zielsetzung zu widersprechen, weil sie mit Abschreckung und Angst erziehen. Märchen sind Lebensanleitungen, die auf mittelalterlicher Pädagogik mit Disziplin und Gehorsam beruhen. Die Bestrafungen in den Märchen entsprechen mittelalterlichen Gesetzesbüchern. Märchen vermitteln veraltete Normen und Wertvorstellungen.

    Dementsprechend bemängelten viele Pädagoginnen und Pädagogen aus den 68er-Jahren die fehlende Emanzipation in den Märchen. Rehabilitiert wurden die Märchen dadurch, dass es nicht um die vordergründigen, veralteten Rollenbilder geht, sondern um die dahinterstehende Symbolik, für die Kinder ein gutes Gespür haben. Das heißt, es kommt auf die persönlichkeitsbildenden Strukturen der Märchen an. Da in Märchen die Heldin oder der Held häufig Abenteuer bestehen müssen, die in der Entwicklungspsychologie mit den Herausforderungen der Realität gleichgesetzt werden, werden Märchen als entwicklungsfördernd angesehen.

    Märchen sollen also die Persönlichkeitsentwicklung der Kinder dahingehend beeinflussen, dass diese den Herausforderungen der von Erwachsenen geschaffenen Realität entsprechen. Nicht die natürliche Entwicklung der Kinder ist der Maßstab, sondern beabsichtigt ist, die Kinder an die Erwachsenenrealität anzupassen. Dementsprechend werden den Kindern durch die Märchen Bewusstseinsbotschaften vermittelt, welche diese intuitiv aufnehmen. Später als Erwachsene haben sie diese Botschaften dann verinnerlicht, ohne dass ihnen diese noch bewusst sind. Die Märchenbotschaften sind die unbewusste, selbstverständliche Weltanschauung, die von Generation zu Generation weitergegeben wird.

    Märchen fördern die Fantasie. Für Kinder wird Fantasie als besonders wichtig angesehen, weil Kinder bevorzugt mit der Unterstützung von Bildern denken. Fantasie ist zudem eine wichtige Voraussetzung für das spätere Leben, weil sie Spontanität unterstützt und kreatives Denken schult. Dadurch hilft sie, neue, unbekannte Probleme zu lösen und sich an ungewohnte Situationen anzupassen.

    Die kindliche Fantasie lässt sich jedoch in so vielfältiger Weise fördern, dass es dazu keiner Märchen bedarf. Da es unbegrenzt viele andere Möglichkeiten gibt, die kindliche Fantasie zu fördern, sind dafür nicht ausgerechnet Märchen notwendig, die zugleich schädliche Bewusstseinsbotschaften vermitteln.[1]

    Die Gewalt in den Märchen wird oft kritisiert. Gerechtfertigt wird sie andererseits damit, dass Gewalt und Grausamkeiten zum Leben dazugehören. Doch genau deswegen ist es nicht nötig, Gewalt zusätzlich auch noch durch Märchen zu vermitteln. Hinzu kommt, dass Kinder noch keine Mechanismen entwickelt haben, um sich von Gewalteindrücken innerlich zu distanzieren. Das heißt, je früher ein Kind Gewalt verarbeiten muss, umso schlechter kommt es damit zurecht.

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  • 9. Dezember 2022 um 8:01 Uhr
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    9. Märchen-Nutzen – Märchen nutzen: Märchen im Kindergarten

    Schon für Kinder ab drei Jahren werden Märchen empfohlen und regelmäßig in Kindergärten vorgelesen. Begründet wird dies unter anderem damit, dass Märchen die Fantasie fördern und dabei helfen, klar zwischen Gut und Böse zu unterscheiden. Es heißt, dass Märchen als Lebensanleitung Lösungen für schwierige Situationen aufzeigen. An Märchen wird geschätzt, dass sie verborgene Ängste ansprechen sollen und dabei helfen, diese zu verarbeiten. Märchen, so wird behauptet, können auch schon den Kleinsten erzählt werden, weil die Seele in jedem Alter als bereit dafür angesehen wird, den „alten Seelenstoff“ zu hören.

    Diese Argumentationen gehen von der Erwachsenen-Weltsicht aus und passen diese dann an die beobachteten Abweichungen bei Kindern an. Doch diese psychologische Perspektive widerspricht der natürlichen Entwicklungsreihenfolge von seelisch zu kindlich und dann erst zu erwachsen. Dadurch entstehen einige Irrtümer.

    Kindergartenkinder sind von ihrer Natur aus noch in seelischer Nähe. Dadurch sind sie so sehr voller Fantasie, dass diese nicht gefördert zu werden braucht. Tatsächlich geht es genau umgekehrt darum, die kindliche Fantasie nicht zu zerstören. Dazu bedarf es keiner grausamen Märchen, sondern einer grundsätzlich positiven Einstellung gegenüber der kindlichen Fantasie im ganz normalen Alltag. Darf ein Kind seine Fantasie im Alltag leben, ist das die beste Förderung, die möglich ist.

    Im Kindergartenalter entwickelt sich in der menschlichen Psyche das innere Kind. Das innere Kind ist nicht für die Unterscheidung von Gut und Böse zuständig. Diese Unterscheidung ist die Aufgabe der erwachsenen Persönlichkeitsanteile, die sich erst später in der menschlichen Psyche entwickeln. Das innere Kind ist für Urvertrauen zuständig. Das Urvertrauen wird durch das Böse in den Märchen zerstört. Dies insbesondere, wenn regelmäßig das Weibliche in den Märchen als Böse dargestellt wird, zu dem kleine Kinder den stärksten Bezug haben.

    Speziell „Hänsel und Gretel“ wird als klassisches Angstüberwindungsmärchen vorgelesen. Doch tatsächlich bewirkt es genau das Gegenteil. In dem Märchen besteht die Lösung darin, dass Kinder auf sich alleine gestellt stark genug sind, um gegen „das Böse“ zu siegen und dann nur noch alleine mit dem Vater am glücklichsten sind. Tatsächlich wissen kleine Kinder jedoch zutiefst innerlich um die biologische Wahrheit, dass sie alleine ohne die Eltern vollständig hilflos nicht überlebensfähig sind. Daher geht die Märchenlösung gegen ihre Natur. Während das Märchen Angst macht, ist es die liebevolle Geborgenheit der Eltern beim Vorlesen, die diese Angst auflöst. Besser ist es daher, diese liebevolle Geborgenheit mit positiven Geschichten zusätzlich zu stärken. Wichtig ist, dem Kind ganz generell das Urvertrauen zu vermitteln, dass seine Eltern immer für es da sind.

    In die gleiche Richtung geht es, wenn Märchen dafür da sein sollen, Lösungen für schwierige Situationen aufzuzeigen. Kleine Kinder haben nicht die Aufgabe, schwierige Situationen zu lösen. Sie sollen vielmehr unbeschwert im Vertrauen auf die Fürsorge und den Schutz ihrer Eltern aufwachsen dürfen. Diese innere Sicherheit macht sie später zu stabilen und selbstbewussten Erwachsenen.

    Von Natur aus haben kleine Kinder durch ihre Seelennähe regelmäßig noch viel Mitgefühl. Als pädagogische Empfehlung soll ihnen dann erklärt werden, dass die Hexe und der Wolf im Märchen keine realen Menschen und Tiere sind und somit kein Mitleid nötig ist. Diese Unterscheidungsfähigkeit gehört zu den erwachsenen inneren Persönlichkeitsanteilen und ist daher dem inneren Kind bzw. dem kleinen Kindergartenkind nicht möglich. Das kleine Kind wird sich stattdessen von seiner inneren Wahrheit distanzieren und verliert dadurch den Zugang zu sich selber.

    Schließlich werden die Märchen noch als alte Weisheit und gut für die Seele angesehen. Dies widerspricht völlig den Bewusstseinsbotschaften, welche die Märchen symbolisch-bildhaft versteckt intuitiv vermitteln. Die meisten grimmschen Märchen sind eine individuelle und historisch-kollektive Anleitung dafür, wie die Seele durch das Ego zu vereinnahmen ist.[1] Daher machen Märchen der Seele Angst.

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  • 10. Dezember 2022 um 8:17 Uhr
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    10. Märchen-Nutzen – Märchen nutzen: Elterneinfluss auf Märchen im Kindergarten

    Märchen sind Kulturgut und zugleich sehr umstritten. In Kindergärten werden Märchen gerne eingesetzt, weil kleine Kinder Märchen aufgrund der bildhaften Sprache und Fantasieweltentsprechung lieben. Durch ihre archetypische Symbolik und zusätzlich mit Liedern, gestaltbaren Materialien, kreativen Projekten und Bewegungsspielen werden Märchen besonders tief ins Bewusstsein der Kinder bis in den Körper hinein eingeprägt. Dies umso mehr, weil vor allem kleine Kinder noch völlig offen für Erfahrungen sind und das Angebot von außen unkritisch als Wahrheit annehmen.

    Gerechtfertigt wird der Einsatz von Märchen im Kindergarten mit ihrem pädagogischen Wert und dem Vermitteln von einem positiven Zugang zum Lesen. Kinder, denen regelmäßig vorgelesen wird, haben früh einen größeren Wortschatz, lernen leichter lesen, sind einfühlsamer und haben in vielen Fächern bessere Schulnoten. Doch rund 32 Prozent der Eltern in Deutschland lesen ihren Kindern selten oder nie vor. Umso wichtiger ist die Kita, denn nach dem Elternhaus ist der Kindergarten der zweite zentrale Vorleseort für Kinder. In 91 Prozent der Kitas erhalten Kinder mindestens einmal am Tag Impulse durch Geschichten.[1]

    Die Vorteile des Vorlesens sind unbestritten, sodass Geschichten im Kindergarten ihren Wert haben. Doch bei der Auswahl der Geschichten ist auf deren Inhalte zu achten. Zusätzlich zu der vielfältigen Kritik an der veralteten Märchenpädagogik ist speziell für kleine Kinder die Empathie ein wichtiger Punkt. Wenn es heißt, dass kleine Kinder durch Märchen Empathie lernen, so ist genau das Gegenteil der Fall. Kleine Kinder bringen von ihrer Natur her noch Empathie mit, weil sie regelmäßig noch mit ihrer Seelenliebe verbunden sind. Doch durch Märchen lernen sie, dass es richtig ist, Menschen zu verurteilen und sogar grausam zu bestrafen. Dieses Gegeneinander, im positiven Sinne als gesunde Abgrenzung, entwickeln Kinder natürlicherweise erst vollständig in der Pubertät.

    Da bekannt ist, dass Märchen insbesondere aufgrund ihrer veralteten Pädagogik und Grausamkeiten umstritten sind, sollte der Wert des Vorlesens durch andere Geschichten als ausgerechnet durch Märchen vermittelt werden. Die berechtigte Kritik vieler Eltern an den Märchen ist zu respektieren. In manchen Kindergärten kommt es jedoch vor, dass sich über die Wertvorstellungen der Eltern hinweggesetzt wird. Dann ist den Eltern zu empfehlen, sich mit anderen Eltern abzustimmen und die Erzieherinnen und Erzieher anzusprechen. Gehen die Wertvorstellungen zu weit auseinander, kann es eventuell auch das Beste sein, den Kindergarten zu wechseln.

    Auf jeden Fall bleibt die Möglichkeit, zu Hause dem Märchen-Einfluss der Kita entgegenzuwirken. Wenn Eltern kindgerecht die Inhalte der Märchen korrigieren, ist ihr Einfluss in dem Alter größer als der des Kindergartens. Ermutigend ist, dass gesamtgesellschaftlich ohnehin schon ein Wandel stattfindet, sodass das Märchenproblem immer seltener auftreten wird.

    Tatsächlich werden in Kitas inzwischen häufig schon gar nicht mehr die originalen grimmschen Märchen, sondern für kleine Kinder überarbeitete Märchen verwendet. Inwieweit diese noch die alten, schädlichen Bewusstseinsbotschaften nur zarter vermitteln oder gar nicht mehr enthalten, ist im Einzelfall herauszufinden. Wer die versteckten Botschaften in den ursprünglichen grimmschen Märchen kennt[2], kann daran beurteilen, ob diese auch mit überarbeitet wurden.

    [1] Vorlesestudien 2020 und 2021 der Stiftung Lesen.

    [2] „Welche Botschaft vermitteln die grimmschen Märchen?“ von Ayleen Lyschamaya, https://amzn.to/3BNznb8

  • 11. Dezember 2022 um 7:53 Uhr
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    11. Märchen-Nutzen – Märchen nutzen: Geeignete Märchen im Kindergarten

    Zum Einstig in die Märchenwelt werden für kleine Kinder kurze Märchen wie „Der süße Brei“, „Die Wassernixe“ und „Die Sterntaler“ empfohlen. Alle drei Märchen enthalten keine versteckten Bewusstseinsbotschaften.[1] „Die Sterntaler“ erzählt eine offene moralische Botschaft, während „Die Wassernixe“ eher ambivalent in seiner Aussage bleibt.

    Problematisch an diesen Märchen ist, dass sie zu den beliebten Märchenklassikern hinführen wie insbesondere „Schneewittchen“ und „Hänsel und Gretel“. Es gibt Märchen, die keine oder verwirrende archetypische Botschaften enthalten, sodass sie ohne versteckten Einfluss auf die kindliche Entwicklung sind. Im Gegensatz dazu gibt es aber auch solche Märchen, die eine sehr gezielte versteckte Bewusstseinsbotschaft vermitteln. Zu diesen Märchen mit verstecktem Einfluss auf das Bewusstsein gehören insbesondere „Schneewittchen“ und „Hänsel und Gretel“.

    In vielen Kindergärten werden inzwischen überarbeitete Versionen der Märchen verwendet, die hinsichtlich Grausamkeiten, alten Rollenbildern und pädagogischer Wertevermittlung kindgerecht angepasst worden sind. Nur die Inhalte der Märchen als solche bleiben – und das ist das Problem: Gut gegen Böse und das Gute gewinnt.

    Kleine Kinder denken in Bildern, ohne schon Zusammenhänge erkennen zu können. Das heißt, die Märchen holen die Kleinen bei ihrer Art der Wahrnehmung ab, weshalb Märchen auch so beliebt sind. Dann stellen die Märchen den Zusammenhang quasi stellvertretend für die Kinder, weiterhin in bildhafter Form gut verständlich, her. Dadurch erzielen Märchen ihre Orientierungs- und Ordnungsfunktion und verankern Inhalte am erkennenden Verstand vorbei direkt im Bewusstsein. Umso wichtiger ist es zu wissen, welche Botschaften konkret schon den kleinsten Kindern vermittelt werden.[2]

    Märchen wenden sich durch ihre archetypische Symbolik an innere Persönlichkeitsinhalte. Diese werden in den Märchen in Gut und Böse aufgeteilt. Das heißt, durch die Märchen erfahren die Kinder subtil-intuitiv, welche Persönlichkeitsanteile in ihnen gut und welche in ihnen böse sind. Regelmäßig sind ihre männlichen Bewusstseinsinhalte als Prinzen und Könige gut und ihre weiblichen Bewusstseinsinhalte als Stiefmütter und Hexen böse. Dadurch werden in dem Inneren von Kindern Selbstwahrnehmungen angelegt, die ihrer ursprünglichen Natur widersprechen. Werden diese als böse dargestellten Persönlichkeitsinhalte dann auch noch bekämpft, erzeugt das zusätzliche innere Konflikte. Das Gegeneinander von Gut und Böse in den Märchen ist dadurch ganz grundsätzlich schädlich für die kindliche Entwicklung.

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    [2] „Welche Botschaft vermitteln die grimmschen Märchen?“ von Ayleen Lyschamaya, https://amzn.to/3BNznb8

  • 12. Dezember 2022 um 8:44 Uhr
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    12. Märchen-Nutzen – Märchen nutzen: Märchenpädagogik für Kindergartenkinder

    In vielen Kindergärten werden inzwischen überarbeitete Märchen verwendet, die insbesondere um ihre Grausamkeiten bereinigt sind. Dies ist aber keineswegs in allen Kitas der Fall. Auch manche Eltern lesen ihren kleinen Kindern noch die grimmschen Originale vor. Dazu gibt es den Witz: >>Sagt die Oma zu Fritzchen: „Fritzchen, bitte mach den Krimi aus. Du sollst dir nicht immer so brutales Zeug anschauen. Komm, ich erzähl dir das Märchen, wo Hänsel und Gretel die Hexe im Ofen verbrennen.“<< Die Grausamkeiten in den Märchen werden von einigen als unschädlich angesehen, weil der Wolf, die Hexe und andere dunkle Gestalten Ängste symbolisieren sollen, die kleine Kinder noch nicht in Worte fassen können. Es heißt, dass die Kleinen dann im Märchen ein Ventil finden, um diese Ängste zu verarbeiten. Einerseits werden die Märchengestalten damit symbolisch den Gefühlen zugeordnet. Andererseits wird von ihnen aber zugleich behauptet, dass sie Persönlichkeitsinhalte darstellen und archetypisch auf dem kollektiven Unbewussten beruhen. Das ist ein unvereinbarer Widerspruch.

    Wenn man beispielsweise den Wolf im Märchen „Der Wolf und die sieben Geißlein“ oder in „Rotkäppchen und der böse Wolf“ und die Hexe in „Hänsel und Gretel“ nimmt, so wollen beide die Kinder fressen. Dadurch stellen sie eine Angst machende Bedrohung dar, nicht aber die Angst selber. Die Angst empfindet das Opfer, mit dem sich die Kinder identifizieren. Die Kinder begegnen nicht ihrer personifizierten Angst, denn die müsste als ein sich ängstlich verhaltendes Wesen dargestellt werden. Stattdessen haben die Kinder vor einer furchteinflößenden überlegenen Märchenfigur Angst.

    Das Böse in den Märchen ist daher keine Angstüberwindungshilfe, sondern belebt eine Bedrohung, um sie dann anschließend zu besiegen. Das könnte dennoch von Angst entlasten, wenn dazu die Bedrohung nicht erst erschaffen, sondern als bereits vorhanden aufgedeckt wird. Doch dabei besteht ganz grundsätzlich die Gefahr, nicht einschätzen zu können, ob ein Kind ein Gefühl von Bedrohung bereits in sich trägt oder die Angst erst erzeugt wird. Bei mehreren Kindern, wie beispielsweise in Kitas, kann eigentlich immer davon ausgegangen werden, dass einige Kinder dabei sind, bei denen durch bedrohliche Märchenfiguren Angst erst erzeugt wird.

    Empfundene Bedrohungen können unterschiedliche Ursache haben. Handelt es sich um reale Alltagsbedrohungen durch überlegene Personen, wäre es falsch, ihnen mutig entgegen zu treten. Wichtig wäre dann der Schutz der Eltern und diesen zu bekommen, sollte in den Märchen vermittelt werden. Befindet sich die Bedrohung hingegen in der Fantasie der Kinder, werden diese durch die Märchen dazu angeleitet, die Bedrohung zunächst als „real“ anzusehen, um sie anschließend zu bekämpfen. Für die kindliche Gefühlswelt wäre es stattdessen viel entspannter und stabiler, durch Märchen die Bedrohung als nicht existent aufzudecken.

    Handelt es sich bei den Märchenfiguren durch ihre archetypische Symbolik um Persönlichkeitsinhalte, werden bestimmte innere Persönlichkeitsanteile als bedrohlich dargestellt. Für die Zuordnung der Symbolik zu Persönlichkeitsinhalten spricht unter anderem, dass Menschen mit demselben Lieblingsmärchen häufig ähnlichen Charakter haben. Werden Persönlichkeitsanteile als Bedrohung empfunden, bedeutet das mehr (Original-Märchen) oder weniger (entschärfte Märchen-Versionen) grausame Besiegen dieser Anteile Verdrängung.

    Für ein kompetentes, gutes Leben sind jedoch alle Bewusstseinsinhalte sehr wichtig. Die Hexe als weise Alte ist der persönliche Zugang zur Spiritualität als weibliche Stärke. Die böse Stiefmutter als gute erwachsene Frau sorgt für soziale Kompetenz und der böse Wolf als guter erwachsener Mann übernimmt die gesunde Abgrenzung im Irdischen. Für die Anwendung von Märchen im Kindergarten ist es wichtig, deren versteckte Botschaften zu kennen.[1]

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  • 13. Dezember 2022 um 8:23 Uhr
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    13. Märchen-Nutzen – Märchen nutzen: Märchen im Schulunterricht

    „Märchenstunden sind die höchste Form des Unterrichtens“[1] meint die Waldorf-Pädagogik. Allerdings erfasst sie dann auch schon gleich selber den eigentlichen Grund für die positive Wirkung der Märchen: „Das Zaubermittel sind also nicht die Märchen per se, sondern die emotionale Beziehung …, auf die sich das Kind beim Hören des Märchens mit der einfühlsamen Hilfe des Erzählers oder Vorlesers einlässt.“ Diese emotionale Beziehung lässt sich dementsprechend auch ‒ und sogar besser ‒ mit pädagogisch wertvolleren Geschichten herstellen.

    Weiterhin wird als positiv hervorgehoben, dass Märchen ein Kulturgut sind. Märchen transportieren durch ihre Bilder Botschaften von den Erwachsenen einer Gemeinschaft, also einer Kultur, in welche die Kinder hineinwachsen. Märchen dienen der Überlieferung wichtiger Botschaften zur eigenen Lebensbewältigung und zur Gestaltung von Beziehungen. Daher wirken Märchen identitätsstiftend und festigen den Zusammenhalt einer Kulturgemeinschaft.

    Dagegen ist einzuwenden, dass auf diese Weise nicht nur veraltete Wertvorstellungen weitergegeben werden, sondern zusätzlich versteckte Bewusstseinsbotschaften. Diese haben sich historisch kollektiv entwickelt. Die versteckten Bewusstseinsbotschaften werden durch die symbolisch-bildhafte Märchensprache intuitiv erfasst, sind aber vor dem rationalen Verstand verborgen. Umso wichtiger ist es, die zugrundeliegenden eigentlichen Märchenbotschaften zu kennen.[2]

    Innerhalb der Waldorf-Pädagogik gibt es aber auch die Ansicht, dass Rudolf Steiner mit „Märchen“ erfundene eigene Erzählungen meinte, weil er die grimmschen Märchen nie erwähnt habe. In dem Fall könnte sich die Waldorf-Pädagogik nicht auf ihr ursprüngliches Selbstverständnis berufen, wenn sie die grimmschen Märchen in ihrem Unterricht verwendet.

    An staatlichen Schulen[3] sind Märchen im Lehrplan für den Deutschunterricht vorgeschrieben und werden zusätzlich gerne für Projekte, beispielsweise Theaterprojekte, verwendet. Im Berliner Deutschunterricht sind Märchen in der Doppeljahrgangsstufe 1/2, das heißt für die sechs- bis siebenjährigen Kinder, als literarische Texte verbindlicher Lehrinhalt. In dem Alter wird mit den Märchen noch an die magische Weltsicht der Kinder angeknüpft, sodass ihnen intuitiv-unbewusst Normen und Werte vermittelt werden, die in der Kritik vieler Pädagoginnen, Pädagogen und Eltern stehen.

    Werden Märchen im Deutschunterricht der Oberstufe eingesetzt[4], geht es nach dem Lehrplan darum, Texte zu analysieren, zu interpretieren, zu kontextualisieren, zu werten und zu verstehen sowie um den Sprachgebrauch und die Sprachreflexion. Dazu werden die Märchen literaturhistorisch und sozialgeschichtlich betrachtet, wird die Genderperspektive untersucht und werden entwicklungspsychologische und (tiefen-)psychologische Interpretationen berücksichtigt. Werden hinzukommend die versteckten Bewusstseinsbotschaften[5] der Märchen aufgedeckt, sind Märchen ein sehr wertvoller Lehrinhalt. Über den Text- und Sprachgebrauch hinaus vermitteln sie wertvolle Einsichten in das eigene und kollektive Selbstverständnis.

    Das Problem liegt in diesem Fall bei den Lehrerinnen und Lehrern. Lehrerinnen und Lehrer, die in der Oberstufe freiwillig Märchen wählen, um Text- und Sprachgebrauch zu vermitteln, sind in der Regel den Märchen besonders zugetan. Dadurch können sie zwar durch die Märcheninhalte ausgelöste gesellschaftlich kontroverse Themen innerlich zulassen, wie beispielsweise die Genderdiskussion, nicht aber grundsätzliche Kritik an den Märchen wegen deren versteckten Botschaften. Aufgrund der entwicklungspsychologischen und (tiefen-)psychologischen Interpretationen konnten die Lehrerinnen und Lehrer bisher davon ausgehen, in ihrer positiven Einstellung zu den Märchen wissenschaftlich bestätigt zu sein.

    Durch die aufgedeckten versteckten Bewusstseinsbotschaften in den Märchen geraten die Lehrerinnen und Lehrer, die Märchen lieben, in einen inneren Konflikt. Dieses Problem lässt sich aber dadurch lösen, dass künftig märchenkritische Lehrerinnen und Lehrer das Thema in der Oberstufe im Unterricht durchnehmen.

    [1] „Warum Kinder Märchen brauchen“ von Gerald Hüther, 2012.

    [2] „Welche Botschaft vermitteln die grimmschen Märchen?“ von Ayleen Lyschamaya, https://amzn.to/3BNznb8

    [3] „Rahmenlehrplan 1-10 kompakt, Themen und Inhalte des Berliner Unterrichts im Überblick“ von der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie.

    [4] „Interpretationszugänge zu Grimms Märchen“, Deutsch Klassenstufen 11/12, von Lehrer/innenfortbildung Baden-Württemberg.

    [5] „Welche Botschaft vermitteln die grimmschen Märchen?“ von Ayleen Lyschamaya, https://amzn.to/3BNznb8

  • 14. Dezember 2022 um 10:30 Uhr
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    14. Märchen-Nutzen – Märchen nutzen: Märchenumgang in der Schule

    Ebenso wie unter Eltern, Erzieherinnen und Erziehern sind Märchen auch bei den Lehrerinnen und Lehrern umstritten. In den Sechziger- und Siebzigerjahren waren Märchen im Schulunterricht sogar verpönt, während sie heutzutage wieder zum Lehrplan gehören. Befürworter[1] der Märchen meinen für den Unterricht in der Oberstufe, dass die Auseinandersetzung mit den Wertvorstellungen in den Märchen hilfreich sein kann, um zu eigenständigen Werten zu finden.

    Eine pädagogische Möglichkeit besteht darin, Parodien zu den Märchen mit in den Unterricht einzubeziehen. Beispielsweise wird empfohlen, das grimmsche Märchen „Hänsel und Gretel“ durch das Antimärchen von Paul Maar „Die Geschichte vom bösen Hänsel, der bösen Gretel und der Hexe“ zu kontrastieren. In diesem Antimärchen ist die Hexe die Gute, Hänsel und Gretel sind die Bösen und das Böse gewinnt.

    Zum Schluss des Antimärchens diskutieren zwei Tiere aus unterschiedlichen Perspektiven die Geschichte und können sich nicht darüber einigen, welche die Richtige ist. Dadurch wird ein vorschnelles Urteil über Gut und Böse in Frage gestellt. Eine solche Vorgehensweise ist durch die verschiedenen Sichtweisen gut dazu geeignet, zu Gedanken über die eigenen Wertvorstellungen anzuregen.

    Damit bleibt diese Vorgehensweise aber noch bei den offensichtlichen Inhalten des Märchens. Werden die versteckten Botschaften[2] der grimmschen Märchen hinzugenommen, ergeben sich vielfältige weitere wichtige Ansatzpunkte. Insbesondere kann anhand der am Verstand vorbei subtil vermittelten Märchenbotschaften aufgedeckt werden, wie Wertvorstellungen unbewusst beeinflusst werden. Außerdem kann herausgefunden werden, welche inneren Persönlichkeitsanteile welche Wertvorstellungen vertreten.

    Wichtig ist auch, sich damit auseinanderzusetzen, wieso es überhaupt ein Gegeneinander von Gut und Böse in der archetypischen Symbolik des Unbewussten gibt. Welche inneren Persönlichkeitsanteile werden im Märchen als gut und welche als böse dargestellt und warum? Außerdem sagt die versteckte Botschaft des persönlichen Lieblingsmärchens sehr viel über das eigene Unbewusste aus. Dieses Unbewusste ist die eigentliche Basis für die Wertvorstellungen.

    Für die Grundschule wird ebenfalls wieder das Märchen „Hänsel und Gretel“, z.B. didaktisch-methodisch für den Sachkundeunterricht, empfohlen. Bezogen wird sich darauf, dass sich Hänsel und Gretel im Wald verirren und sich selbständig in der Natur zurechtfinden müssen. Dazu können Fragen gestellt werden wie beispielsweise zu verschiedenen Pflanzen und deren Essbarkeit.

    Gegen diese Vorgehensweise ist einzuwenden, dass ausgerechnet die Märchenstelle, wo sich Hänsel und Gretel alleine im Wald befinden, besonders angstbesetzt ist für Kinder. Doch Angst zu haben, ist dem Lernen erwiesenermaßen nicht förderlich. Hinzu kommt, dass den Kindern subtil vermittelt wird, von einem Alleine gelassen zu werden auszugehen, sodass es wichtig ist, alleine überleben zu lernen.

    Zu einem positiveren Lebensgefühl führt dagegen ein neugierig zu entdeckender Wald mit seinen Schätzen. Neugier ist den Kindern naturgegeben, sodass sie nicht durch „Hänsel und Gretel“ pädagogisch erst motiviert werden müssen. Zusätzlich fördert es die Naturverbundenheit der Kinder, wenn sie den Wald nicht als einen angstbesetzten, sondern als einen schönen Ort erleben.

    [1] Dr. Oliver Geister, Lehrbeauftragter an der Universität Münster und Gymnasiallehrer in „Erziehungswissenschaftler: Märchen bereichern die Eltern-Kind-Beziehung sehr“ von Waltraud Messmann, 2012.

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  • 15. Dezember 2022 um 8:27 Uhr
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    15. Märchen-Nutzen – Märchen nutzen: Märchenpsychologie

    Im Lexikon der Psychologie[1] werden Märchen als psychologisch interessante Prosaerzählungen definiert. Dies, weil sie eine Projektionsfläche der menschlichen Ängste und Wünsche darstellen und jeder Mensch wichtige Strukturen seiner kindlichen Identität über Märchen entwickelt. Es gibt für die meisten Kinder und Erwachsenen ein Lieblingsmärchen und Lieblingsmärchenfiguren, die in verschlüsselter Form wichtige Erfahrungen anbieten. Märchen lassen sich vielfältig, beispielsweise in poesietherapeutischen Gruppen, in Psychodramen, in der analytischen Psychotherapie und in der Spieltherapie, einsetzen.

    Psychologie an sich kann als Wissenschaft vom menschlichen Erleben und Verhalten definiert werden. Die Tiefenpsychologie befasst sich speziell mit den unbewussten Vorgängen im Menschen, die für die Analyse und Erklärung des Erlebens und Verhaltens als wichtig angesehen werden. Ebenso befassen sich Märchen seit jeher mit zentralen Fragen und Schwierigkeiten des menschlichen Lebens. Märchen wollen auf konkrete Lebensfragen Antworten geben. Insofern ist es naheliegend, dass Märchen einerseits in der Psychologie eine vielfältige Rolle spielen und andererseits psychologisch interpretiert werden.

    Ein Problem der psychologischen und psychoanalytischen Märchendeutung ist, dass selten zwei Interpretationen eines Märchens übereinstimmen. Märchen bieten für jeden Menschen andere Assoziationsmöglichkeiten. Dies wird als gegeben hingenommen, sodass die Märchenaussagen als persönliche Interpretationen angesehen werden. Auch wenn die Märchen selber grundlegende Lebensfragen thematisieren, die für alle Menschen wichtig sind, bedeuten die psychologischen und psychoanalytischen Märchendeutungen nur Anregungen für eine persönliche Interpretationsmöglichkeit.

    Die Menschen sind so vielfältig, dass jede und jeder tatsächlich immer einen ganz individuellen persönlichen Bezug zu den Märchen hat. Zugleich sprechen aber Märchen durch ihre archetypische Symbolik das kollektive Unbewusste an. Dies ist für alle Menschen identisch aufgebaut. Die archetypischen Symbole sind wie eine Landkarte, die aus dem kollektiven Unbewussten heraus den Menschen eine Lebensanleitung gibt.

    Diese Lebensanleitung hat ihren kollektiven Ursprung viel tiefer im Bewusstsein als die oberflächlicheren psychologischen und psychoanalytischen Märchendeutungen erfassen können. Deswegen gibt es verschiedene psychologische und psychoanalytische Märchendeutungen, aber nur eine zugrundeliegende Lebensanleitung. Das heißt, alle Märchen mit kollektiver Bewusstseinsbotschaft vermitteln jeweils nur eine einzige Lebensanleitung.

    Welche einzige Lebensanleitung die grimmschen Märchen jeweils vermitteln, wird in „Welche Botschaft vermitteln die grimmschen Märchen?“[2] aufgedeckt. Diese weder dem Verstand noch der psychologischen und psychoanalytischen Märchendeutung zugänglichen versteckten Märchenbotschaften sind es, welche die Menschen unbewusst beeinflussen. Die allermeisten dieser Märchenbotschaften sind weder für Kinder noch für Psychotherapien geeignet.

    [1] „Lexikon der Psychologie, Märchen“ mit Literaturangabe: „Psychologische Märchenanalyse“ von W. Salber (1987); zu den Lieblingsmärchen auch Hans Dieckmann und Verena Bertignoll.

    [2] „Welche Botschaft vermitteln die grimmschen Märchen?“ von Ayleen Lyschamaya, https://amzn.to/3BNznb8

  • 16. Dezember 2022 um 8:33 Uhr
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    16. Märchen-Nutzen – Märchen nutzen: Märchenpsychologie kollektives Unbewusstes

    Gustav Jung[1] differenzierte das Unbewusste in ein persönliches Unbewusstes und in ein kollektives Unbewusstes. Letzteres habe sich als Menschheitsgeschichte durch die Evolution hindurch entwickelt und wurde von verschiedenen Erfahrungen geprägt. Diese Erfahrungen werden unter anderem durch Märchen weitergegeben. Über verschiedene Epochen, Kulturen und Sprachen hinweg zeigen die psychischen Muster der Märchen immer wiederkehrende Grundmotive, sogenannte Archetypen. Das kollektive Unbewusste ist daher überindividuell und kulturunabhängig. Es ist die unbewusste psychische Grundstruktur des Menschen.

    Andere Wissenschaftler[2] entdeckten die unbewussten kollektiven Strukturen ebenfalls. Auf Campbell ist das überkulturelle Erzählprinzip der „Heldenreise“ zurückzuführen. Durkheim nennt die unbewussten kollektiven Strukturen „Kollektivbewusstsein“. Halbwachs entwickelte die Theorie des „kollektiven Gedächtnisses“. Das kollektive Unbewusste ist das geistige Erbe der Menschheitsgeschichte, weitergegeben unter anderem durch Märchen.

    Nach Jung[3] sind die Märchenheldin oder der Märchenheld als archetypische Gestalten zu verstehen. Märchen sind wie ein Leitbild für das persönliche Bewusstsein. Jung ordnete die Märcheninhalte dem Seelischen zu. Aus ihnen ergibt sich die von der psychischen Ganzheit geforderte richtige Ichhaltung. Die Heldenfiguren und der Verlauf der Märchenhandlung korrigieren das Bewusstsein. Die anfängliche Not- oder Mangelsituation ist am Schluss des Märchens behoben. Jung geht davon aus, dass der Schluss des Märchens meist eine ganzheitlichere Struktur aufweist als der Anfang. Das heißt, das Bewusstsein ist nun richtiger auf die psychische Ganzheit ausgerichtet. Märchen kompensieren das individuelle ebenso wie das kollektive Bewusstsein. Dieses wurde im europäischen Kulturkreis vorwiegend durch das Christentum geprägt.

    Jedes Märchen ist nach Jung ein in sich relativ geschlossenes System mit jeweils einer wesentlichen psychologischen Bedeutung. Zugleich umschreiben die Märchen seiner Ansicht nach aber zusätzlich noch ein seelisches Selbst. Dieses ist sowohl die seelische Ganzheit eines Individuums als auch das regulierende Zentrum des kollektiven Unbewussten.

    Tatsächlich beinhalten das individuelle Bewusstsein ebenso wie das kollektive Unbewusste sowohl seelische Ganzheit als auch eine Ichhaltung, die weiter differenziert werden können. Konkret bestehen das individuelle und das kollektive Unbewusste aus Bewusstseinsbausteinen, die durch die Märchen zu neuer Ausrichtung angeleitet werden. Diese Anleitungen sind die Botschaften, welche die Märchen vermitteln.[4]

    Die Märchenbotschaften beschreiben die Evolution der Menschheitsgeschichte. Diese hat sich von der seelischen Ganzheit aus im europäischen Kulturkreis über das Christentum hin zur wissenschaftlichen Rationalität entwickelt. Kollektiv wurde der Seelenbezug durch ein von seinem Ursprung abgetrenntes Ego ersetzt. Dementsprechend sind die Märchen eine individuelle und kollektive Anleitung dafür, wie man seine Seele verliert.

    Das Ringen um die gesellschaftliche Ausrichtung im kollektiven Bewusstsein lässt sich sehr gut anhand der Märchen historisch nachvollziehen. So gibt es frühe Märchen (Rotkäppchen), spätere Märchen mit Konflikt zwischen Christentum und Rationalität (Der Schneider im Himmel) oder Seele und Ego (Schneewittchen) und ganz späte Märchen, die sich im inneren Mangelzustand des vollständig abgetrennten Egos (Hänsel und Gretel) befinden.

    Jung hat die grundsätzliche archetypische Bedeutung der Märchen ebenso wie den Zusammenhang zwischen individueller Ichhaltung und kollektivem Unbewussten erkannt. Die differenzierten Bausteine des Bewusstseins mit ihren Qualitäten und Beziehungen untereinander waren ihm aber nicht bekannt. Deshalb fasste er sie als ein Unbewusstes zusammen. In diesem Unbewussten vermutete er die Seele als korrigierenden Einfluss auf die Ichhaltung.

    Tatsächlich jedoch hat sich das kollektive Unbewusste genau gegenteilig entwickelt, indem es sich von diesem korrigierenden Einfluss der Seele befreite. Das heißt, die meisten Märchen sind eine Korrektur hin zur falschen Ichhaltung. Das Ego hat die Macht im Bewusstsein übernommen und erhält sich diese durch die Märchen. Daher sind die meisten Märchen mit ihren archetypischen Bewusstseinsbotschaften[5] für die Entwicklungsförderung und als Lebensanleitungen schädlich.

    [1] „Psychologische Typen“ von Carl Gustav Jung, in: „Gesammelte Werke“, Band 6, 1995, als Quellenangabe von Wikipedia und Anthro-Wiki zu „Kollektives Unbewusstes“, 10/2022.

    [2] Wikipedia zu „Kollektives Unbewusstes“, 10/2022.

    [3] Wikipedia zu „Marie-Louise von Franz“, 10/2022.

    [4] „Welche Botschaft vermitteln die grimmschen Märchen?“ von Ayleen Lyschamaya, https://amzn.to/3BNznb8

    [5] „Welche Botschaft vermitteln die grimmschen Märchen?“ von Ayleen Lyschamaya, https://amzn.to/3BNznb8

  • 17. Dezember 2022 um 8:52 Uhr
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    17. Märchen-Nutzen – Märchen nutzen: Märchenpsychologie Es, Ich und Über-Ich

    Eine Grundannahme aller tiefenpsychologischen Theorierichtungen ist, dass es zusätzlich zu dem, was den Menschen bewusst ist, auch noch „das Unbewusste“ gibt. Nach Sigmund Freud ist dieses Unbewusste ein Sammelort vergessener und verdrängter Inhalte. Später fügt er noch eine archaische Erbschaft hinzu.

    Freud geht von einem „Es“ als Triebhaftigkeit, einem „Über-Ich“ als regulierende Instanz und einem „Ich“ als Mittler zwischen Triebhaftigkeit und regulierender Instanz aus. Das Es entspricht dem Unbewussten. Die unbewussten Triebe sind stärker als das bewusste Handeln. Das Über-Ich enthält unter anderem die Gebote und Verbote der Eltern und die Unterscheidung in Gut und Böse. Das Ich fügt das Es und das Über-Ich rational zu dem persönlichen Weltbild zusammen. Verdrängte Inhalte aus dem Über-Ich landen im Es. Mitsamt diesen gespeicherten Erfahrungen ist das Es die eigentliche Triebkraft im Menschen.

    Die Triebhaftigkeit steht für Freud auch bei seiner Einteilung der Entwicklung des Menschen in sechs Phasen im Vordergrund: narzisstisch, oral, anal, ödipal, Latenz und Pubertät. Jede dieser Phasen bezieht Freud auf die körperliche Entwicklung mit ihren jeweiligen Trieben, insbesondere auf den Sexualtrieb.

    Nach Freud sind in den Märchen die Triebwünsche der Menschen enthalten, sodass durch Märchendeutungen das Irrationale rational erfasst werden kann. Ebenso wie die Psychoanalyse Traumdeutungen verwendet, um menschliche Probleme aufzudecken und zu lösen, versucht sie auch in den Märchen, die Problemlösungen zu entdecken und die Märchenbotschaften als Hilfestellung zu nutzen.

    Der Unterschied zwischen Traumanalyse und Märchen besteht jedoch darin, dass Träume aus dem eigenen Inneren einer Person aufsteigen, mit sehr persönlichem Bezug gedeutet werden und dadurch zu individuellen Lösungen führen können. Bei den Märchen ist es genau umgekehrt.

    Die Märchen geben Bilder und Lösungen von außen vor. Als Projektionsflächen haben die Märchen zwar mit den eigenen Themen zu tun, geben dann aber eine kollektive Lösung vor, an die sich angepasst werden soll. Das heißt, das Es der individuellen Person knüpft an das Es im Märchen an und bekommt die Lösung aus dem kollektiven Erbe der Menschheit vermittelt. Damit wird die bisherige Entwicklung der Menschheit zum Maßstab. Die Märchen geben als gesellschaftliches Über-Ich die Lebensanleitung an das Es weiter, wie das Ich sich verhalten soll.

    Diese Lebensanleitung ist nach Freud schon von der kindlichen Entwicklung an auf die menschliche Triebhaftigkeit reduziert. Die Triebhaftigkeit findet er auch in den Märchen wieder. Tatsächlich ist es zu einer Reduzierung des kollektiven Bewusstseins gekommen, weil sich die Menschheit von ihrem ursprünglich vorhandenen seelischen Zugang zum abgetrennten Ego-Bewusstsein hin entwickelt hat. Diese Reduzierung im Bewusstsein geben die Märchen von Generation zu Generation weiter.

    Freud selber war von dieser Reduzierung im Bewusstsein betroffen, wenn er die Menschen auf ein kollektives Erbe, ihre Triebhaftigkeit, strenges elterliches und gesellschaftliches Über-Ich und ein rationales Ich reduzierte. Religion betrachtete er als das Bedürfnis des Unbewussten nach Wunscherfüllung. Im Unterschied zu Jung bezog er Seelisches nicht mit ins Unbewusste ein. Daher versuchte sein bereits vollständig reduziertes Bewusstsein, Märchen zu analysieren, welche durch ihre Botschaften den Prozess der Bewusstseinsreduzierung vermitteln. Aus dem bewusstseinsreduzierten Ergebnis heraus war es Freud mit seiner auf Triebhaftigkeit fokussierten Sichtweise nicht möglich, Märchen zu interpretieren. Die Märchendeutungen, die auf der Psychoanalyse von Freud beruhen, sind unzutreffend.

    Doch Freuds Wert für die Märchendeutungen besteht auch weiterhin darin, darauf aufmerksam gemacht zu haben, dass Märchen versteckte Botschaften des Unbewussten enthalten. Diese konnte er selber nur deshalb nicht erkennen, weil seine Wahrnehmung des Unbewussten zu reduziert war. Geht man von den differenzierten Inhalten des vollständigen Bewusstseins aus, vermitteln die meisten Märchen interpretationsunabhängig eindeutige Bewusstseinsbotschaften[1]. Diese zeigen, wie sich das kollektive Bewusstsein vom Seelischen aus zum reduzierten Ego-Bewusstsein hin entwickelt hat. Aus diesem reduzierten Ego-Bewusstsein heraus wurden die ursprünglichen Reduzierungsbotschaften dann noch nicht einmal mehr erkannt

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  • 18. Dezember 2022 um 8:42 Uhr
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    18. Märchen-Nutzen – Märchen nutzen: Märchentherapie als Lösungsanleitung

    Märchentherapie wird sowohl bei Kindern als auch bei Erwachsenen angewendet, um Zugang zum Inneren zu finden. Das Ziel der Märchentherapie ist, innere Prozesse aufzudecken und neue Lösungsmuster zu entwickeln.

    Märchen erzählen von Problemen, die zum normalen Leben der Menschen dazugehören. Daher können die Märcheninhalte auf die eigene Lebenssituation bezogen werden. In der Identifikation mit einer Märchenheldin oder einem Märchenhelden kann der Mut gefunden werden, sich mit der eigenen Problematik auseinanderzusetzen.[1] Die ähnliche Situation lädt zur Projektion ein und gleichzeitig ist genügend Distanz zur Märchenfigur da, um sich den eigenen Emotionen nicht ausgeliefert zu fühlen. Auch können sozial unerwünschte Gefühle durch die Distanz der Märchen eher zugelassen werden.

    Typischerweise stehen die Heldin oder der Held zu Beginn der Märchen vor einer sehr schwierigen bis scheinbar unlösbaren Aufgabe. Das Märchen beschreibt dann, wie die Heldin oder der Held durch die Ängste und Gefahren hindurchgeht. Die Märchenbotschaft ermutigt dazu, sich der Angst zu stellen, weil zum Schluss dafür belohnt wird. Dadurch geben Märchen Hoffnung und den Mut, sich auf innere Veränderungen einzulassen. In welche Richtung diese Veränderungen gehen sollen, vermitteln die archetypischen Symbole in den Märchen und das scheinbar gute Ende. Märchen erfüllen damit die doppelte Funktion der Selbsterkenntnis und der Heilungsempfehlung.

    Zu Selbsterkenntnis führen die Wahl des Lieblingsmärchens und die projektive Identifikation mit der Märchenfigur. Diese lassen auf das Bewusstsein der Patientin beziehungsweise des Patienten schließen. Eine Heilungsempfehlung geben die versteckten Märchenbotschaften[2] dann allerdings keineswegs. Vielmehr vermitteln die meisten Märchen stattdessen die Anleitung, sich vom Seelischen zu lösen und zum reduzierten Ego-Bewusstsein zu werden. Insofern führen genau anders herum durchschaute versteckte Märchenbotschaften[3] zu der Erkenntnis, welchen zerstörerischen gesellschaftlichen Einflüssen die Seelen unterliegen.

    Dementsprechend ist die Vorgehensweise von Märchentherapien, die Märchen als solche heilend einzusetzen, anzupassen. Die allermeisten Märchen dienen nicht der Heilung. Stattdessen bedeutet genau umgekehrt die Aufdeckung ihrer schädlichen Wirkung die Heilung. Daher können Märchen zur Aufdeckung der Ursache von psychischen Störungen einen gewissen Wert haben. Dazu muss allerdings die rationale Analysefähigkeit stärker entwickelt sein als die Beeinflussbarkeit durch die archetypische Symbolik. Nur dann kann das aufdeckende Verständnis die intuitiv vermittelten Märchenbotschaften korrigieren und zu nutzbringenderen Lösungen anregen.

    Dementsprechend ist Märchentherapie für Kinder gar nicht geeignet und für Erwachsene nur bei ausreichender Erkenntnisstärke. Dennoch werden auch erkenntnisstarke Erwachsene zugleich von der archetypischen Symbolik beeinflusst. Da es zudem bessere Methoden gibt, um mit inneren Bildern zu arbeiten (z.B. Traumdeutung, aktive Imagination, Kunsttherapie und sonstiger kreativer Selbstausdruck), ist von Märchentherapie ganz und gar abzuraten.

    [1] „Märchen als Therapie“ von Verena Kast, 1993.

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    [3] „Welche Botschaft vermitteln die grimmschen Märchen?“ von Ayleen Lyschamaya, https://amzn.to/3BNznb8

  • 19. Dezember 2022 um 7:30 Uhr
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    19. Märchen-Nutzen – Märchen nutzen: Märchentherapie und der Sinn des Lebens

    Märchentherapie dient der Heilung. Doch wann ist ein Mensch heil? Es kann das Ziel sein, vor allem die Funktionsfähigkeit im Alltag wieder herzustellen oder aber der Schwerpunkt auf Selbstfindung und dem Sinn des Lebens liegen. Dieser wiederum kann durch religiöse und esoterische Weltanschauungen mit eingebracht werden.

    Die esoterische Märchentherapie[1] geht davon aus, dass das Leben einen Ursprung, einen Sinn und ein Ziel hat. Sie setzt zwar bei den Schwierigkeiten und Problemen an, aber nur, um von dort aus das höchste Lebensziel zu erreichen. Dazu verwendet die esoterische Märchentherapie sieben Ur-Bilder, die sie auf ein Ur-Märchen „Die goldene Kugel“ zurückführt. Dieses Ur-Märchen gehört nicht zur grimmschen Märchensammlung, sondern ist sehr zart, liebevoll und positiv geschrieben. Es vermittelt als Ziel einen harmonischen Zustand, der sich fest verankert im Herzen befindet. Die esoterische Märchentherapie geht seelisch-energetisch behutsam mit Entspannungs-Übungen, Bilder-Reisen, Märchen- und Licht-Meditationen, Chakren-Reinigungen, klärenden Gesprächen und kreativem Aufarbeiten vor.

    Diese behutsame Vorgehensweise ist gut für die Seele, weil sie ihrer liebevollen Zartheit entspricht. Der Mangel der esoterischen Märchentherapie besteht in der zugrundeliegenden Bewusstseinsstruktur, auf der diese seelisch-zarte Vorgehensweise aufbaut. Bei den Märchenfiguren handelt es sich um archetypische Symbole, die eine im Bewusstsein verankerte Bedeutung haben. So bedeutet beispielsweise der König die höchste Ego-Instanz. Diese wird im Ur-Märchen dem göttlichen Ursprung gleichgesetzt. Die gesamte Märchenhandlung bleibt anschließend in diesem vorgegebenen irdischen Rahmen. Schließlich wird das irdische königliche Schloss zur Liebesverbindung des Herzens. Das heißt, das Ego des Menschen wird zur Liebesquelle für die Seele verdreht. Insofern vermittelt die heilende Vorgehensweise eine schädliche Bewusstseinsbotschaft.

    Nach Ansicht der religiösen Märchentherapie[2] enthalten Märchen biblische Botschaften. Ein Vorteil der Märchen sei, dass sie in der Seele spielen und darauf beharren, dass Menschen nur durch die Liebe glücklich werden können. Von den Märchen wird gesagt, dass sie das Überwinden von Angst durch Vertrauen beschreiben. Auf dieser Basis wird in der religiösen Märchentherapie durch die Märchen Religion zum Halt. Die religiöse Märchentherapie lehrt das Vertrauen, dass diese Welt eine Perspektive in eine andere Welt eröffnet.

    Märchen geben die kulturellen Weltanschauungen der Menschheitsgeschichte wieder. Da diese im europäischen Raum durch das Christentum geprägt wurden, beinhalten einige Märchen christliche Botschaften. In späteren Märchen wurden diese christlichen Märchenbotschaften[3] dann aber durch die Rationalität des Ego-Bewusstseins abgelöst. Die Seele und die Liebe beziehen sich in den grimmschen Märchen fast nie auf den universellen Ursprung im Bewusstsein der transzendenten Menschen. Stattdessen werden die Seele und die Liebe auf die christliche Kirche oder das Ego ausgerichtet. Damit wird durch die Märchenbotschaften eine Weltanschauung vermittelt, die der gesunden transzendenten Vollständigkeit des Bewusstseins widerspricht.

    Die esoterische Märchentherapie gibt der Seele zarte Hilfestellung, wie diese sich am Ego orientieren soll. Die religiöse Märchentherapie gibt christliche Glaubensüberzeugungen weiter. Beide bleiben sie im individuellen Bewusstsein auf das Ego bezogen. Daher beziehen sie den Sinn des Lebens in die Märchentherapie mit ein, ohne aber Heilung im Sinne von ganzheitlichem Bewusstsein zu fördern.

    [1] „Die Heilkraft der 7 Urbilder des Märchens“ von Jean Ringenwald, 2012.

    [2] „Drewermann: Märchen greifen den Kern der Botschaft Jesu auf“ von Pro, 2018.

    [3] „Welche Botschaft vermitteln die grimmschen Märchen?“ von Ayleen Lyschamaya, https://amzn.to/3BNznb8

  • 20. Dezember 2022 um 9:14 Uhr
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    20. Märchen-Nutzen – Märchen nutzen: Märchen bei Demenz

    Nach einer Studie des Bundesfamilienministeriums[1] haben Märchen eine positive Wirkung sowohl auf das mentale Wohlbefinden von Demenzkranken als auch auf das Pflegepersonal. Märchen ermöglichen Zugang zu den Demenzkranken und erhöhen dadurch deren Lebensqualität. Insbesondere herausfordernde Verhaltensweisen der Demenzkranken werden gemildert, wodurch das Pflegepersonal entlastet wird. Die Märchen-Aktion ist Teil der nationalen Demenzstrategie, an der mehrere Bundesländer teilnehmen.

    Märchen gehören zu den besonders tiefen und nachhaltigen Eindrücken, mit denen früheste Kindheitserinnerungen verknüpft sind. Die Märchen aktivieren das Langzeitgedächtnis. Zugleich sprechen sie emotional an, sodass Demenzkranke durch Märchen gut erreicht werden können. Bei abnehmenden kognitiven Fähigkeiten wird sinnlich aktiviert, denn die Märchen sind im Unterbewusstsein der Menschen verankert. Zudem werden Märchen seit Generationen unverändert weitergegeben, sodass die meisten Menschen sie kennen und ein verbindender sozialer Einfluss hinzukommt. Es wurde beobachtet, dass durch Märchen schon nach kürzester Zeit positive Veränderungen möglich sind.

    Diese positiven Veränderungen werden an der Entlastung des Pflegepersonals und der Erreichbarkeit der Demenzkranken in Bezug auf ihr Alltagsumfeld beurteilt. Doch ist dies auch wirklich das Beste für die Demenzkranken selber? Die Lebensqualität der Demenzkranken ist zunehmend so massiv reduziert, dass es im Pflegeheim nur noch darum geht, durch Märchen überhaupt Zugang zu ihnen zu bekommen. Das hat so wenig mit Lebensqualität zu tun, dass die Frage gestellt werden muss, ob diese Art von „Lebensqualität“ überhaupt das Ziel für diese Menschen sein kann.

    Menschen mit Demenz bauen kontinuierlich ab und gehen auf den Tod zu. Da tritt die Seele in den Vordergrund. Statt an den alten, schon weitgehend zerstörten Persönlichkeitsstrukturen noch durch Märchen festzuhalten, geht es darum loszulassen und innerlich den Übergang ins Jenseits vorzubereiten. Märchen jedoch vermitteln völlig gegenteilige Botschaften.

    Die versteckten Märchenbotschaften[2] beziehen die Seele auf das Ego-Bewusstsein. Gefördert wird dadurch das Festhalten am Leben, statt die Seele bei ihrem Abschied vom Leben zu unterstützen. Viele Märchen beinhalten sogenannte „Heldenreisen“, die sich auf die Veränderung der irdischen Lebenskompetenz beziehen. Damit sind Märchen Anleitungen für das Leben im Irdischen, nicht aber für den transzendenten Übergang des Todes. Selbst die Märchen, die den Tod mit einbeziehen, wollen den Umgang mit dem Tod erklären und nicht der Seele den Tod erleichtern.

    [1] „Es war einmal … MÄRCHEN UND DEMENZ“ im Auftrag des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.

    [2] „Welche Botschaft vermitteln die grimmschen Märchen?“ von Ayleen Lyschamaya, https://amzn.to/3BNznb8

  • 21. Dezember 2022 um 8:52 Uhr
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    21. Märchen-Nutzen – Märchen nutzen: Märchen von altem Brauchtum bis Zukunft

    Heute feiern wir das Sonnenfest der Wintersonnenwende. Die Wintersonnenwende ist die längste Nacht des Jahres und zugleich der Beginn der zwölf Rauhnächte. In der heidnischen Geschichte bezog sich dieses Fest auf die Große Göttin und den Gott der Sonne. Die „Mutternacht“ gebiert eine neue Sonne. Die Wintersonnenwende wurde insbesondere von den Kelten und Nordgermanen mit Brauchtum gefeiert.

    Zu diesem Brauchtum gehörte unter anderem das Märchen von Frau Holle. Bis zur Heidenmissionierung war Frau Holle unter dem Namen Frigg als Große Mutter und bedeutende Göttin der nordischen Mythologie im Volke sehr verehrt. Sie hatte ein enges Verhältnis zu den Menschenfrauen, sodass diese zur Wintersonnenwende den Tisch mit Milch, Krapfen, Hafergerichten und Fisch für die Göttin deckten.[1]

    Auch das Erzählen und Vorlesen von Märchen gehörte zum Brauchtum.[2] Heute wird zu Märchen speziell ausgebildet, beispielsweise durch eine „Märchenakademie“[3]. Die Märchenakademie sieht sich als ein transmediales und integratives Bildungsprojekt, das zukünftige Märchenexpertinnen und Märchenexperten hervorbringt. Dazu setzt die Märchenakademie bei den Märchen der Gebrüder Grimm an und baut darauf ein umfangreiches weiterführendes Konzept auf.

    Abholen beim Alten und Hinführen zu Neuem ist eine bewährte Vorgehensweise. Diese wendet die Märchenakademie sowohl hinsichtlich der Inhalte als auch hinsichtlich der Didaktik an, sodass die Ausbildung wissenschaftlich-modern wirkt und einen professionellen Eindruck macht. Doch genau darin liegt das umso größere Problem der Verschleierung. Die Basis der grimmschen Märchen wird von vorneherein als pädagogisch wertvoll angesehen und nicht mehr hinterfragt. Stattdessen wird als ganz selbstverständlich auf den grimmschen Märchen alles Weitere aufgebaut. Auf dieser schädlichen grimmschen Märchenbasis möchte die Märchenakademie langfristig einen Beitrag zu einer systemischen Veränderung der Schule leisten.

    Doch die alten grimmschen Märchen können keinen positiven Beitrag für die Zukunft leisten, weil die meisten von ihnen versteckte schädliche Bewusstseinsbotschaften enthalten. Die grimmschen Märchentexte haben nur den einzigen ‒ allerdings sehr positiven ‒ Wert, der historischen Aufdeckung schädlicher Einflüsse auf die kollektive Bewusstseinsentwicklung dienen zu können.

    [1] „Wintersonnenwende: Die Wiedergeburt des Lichtes“ von Alexa Szeli, 2016.

    [2] „Rauhnächte, Märchen, Brauchtum, Aberglaube“ von Sigrid Früh, 1998.

    [3] Die „Märchenakademie“ ist ein Kooperationsprojekt von Prof. Dr. Julia Knopf, Lehrstuhl Fachdidaktik Deutsch Primarstufe an der Universität des Saarlandes, und Dr. Martin Beyer, Corporate Story & Creative Writing.

  • 22. Dezember 2022 um 9:09 Uhr
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    22. Märchen-Nutzen – Märchen nutzen: Märchenerzählerinnen und Märchenerzähler

    Märchenerzählerin oder Märchenerzähler ist ein uralter Beruf. Er macht Geschichten lebendig, damit so etwas nicht passiert: Der Vater liest am Bett Märchen vor, damit der Sohn einschläft. Eine halbe Stunde später öffnet die Mutter leise die Tür und fragt: „Ist er endlich eingeschlafen?“ Antwortet der Sohn: „Ja, endlich …“

    Das Märchenerzählen gilt inzwischen als immaterielles Kulturerbe. Die Europäische Märchengesellschaft e.V. bildet Märchenerzählerinnen und Märchenerzähler aus und empfiehlt diese dann in ihrer Gilde. Das Märchenerzählen kann als Hauptberuf, für nebenberufliche Tätigkeit, als Kleinkünstlerin bzw. Kleinkünstler oder als Hobby erlernt werden. Märchenerzählerinnen und Märchenerzähler werden vielfältig eingesetzt: in Kindergärten und Schulen, Krankenhäusern, Behinderten- und Altenheimen, Büchereien, kirchlichen Einrichtungen, bei gebuchten Gruppenevents und Kulturinitiativen, auf Geburtstagsfesten, Hochzeiten, Jubiläen, Betriebs- und Firmenfeiern …

    Eine geregelte Ausbildung gibt es für das Märchenerzählen nicht, dafür aber umso mehr Ausbildungsangebote. Bei allen Unterschieden ist ihnen in der Regel die grundsätzliche Vorgehensweise der Innenschau gemeinsam. So geht es darum, sich selbst im Spiegel des Märchens zu entdecken und dadurch das Märchen zum Leben zu erwecken. Das Märchenerzählen gilt als ein fortwährender aus dem Inneren schöpfender Prozess. Um frei und urbildhaft in poetischer Sprache von Herzen erzählen zu können, sollen die Märchen zuvor erkundet und verinnerlicht werden.

    Ein weiterer Inhalt der Märchenerzähler/innen-Ausbildungen ist regelmäßig, den Wert der Märchen als kulturelle, pädagogische, therapeutische und seelisch-spirituelle Hilfen zu vermitteln. Es wird der tiefenpsychologische Hintergrund der Märchen gedeutet und es werden ihre Lebensweisheiten angeschaut. Dazu wird in den Märchen unter anderem eine Anleitung zur Handhabung des menschlichen Willens gesehen. Von den Märchen wird gesagt, dass sie einen Weg zur bewussten Selbstherrschaft über das „Ich“ aufzeigen.

    Manche Ausbildungen zum Märchenerzählen zielen auch auf öffentliche Einrichtungen und Unternemen der Privatwirtschaft, die im weitesten Sinne mit Personalentwicklung und dadurch mit Persönlichkeitsentwicklung zu tun haben. Die Deutung von Märchenfiguren in Hinblick auf Persönlichkeitsmerkmale wird als moderne Management-Methode angepriesen. Die Ausbildung zur Märchenerzählerin oder zum Märchenerzähler wird empfohlen, um den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern eine optimale Persölichkeitsentfaltung angedeihen zu lassen.

    Die wesentlichen Inhalte der Märchenerzähler/innen-Ausbildungen sind also die eigene Märchenverinnerlichung, die Deutung der Märchen und ihre Wirkung auf andere Menschen. Letztere beinhaltet über die reine Unterhaltung hinaus auch die gezielte Persönlichkeitsentwicklung anderer. Das heißt, die Märchen werden mit ihrer archetypischen Symbolik auf sich selber und auf andere Menschen als Bewusstseinsanleitungen angewendet. Insbesondere die Märchenerzählerinnen und Märchenerzähler selber setzen sich dadurch sehr intensiv den schädlichen versteckten Bewusstseinsbotschaften[1] der Märchen aus.

    [1] „Welche Botschaft vermitteln die grimmschen Märchen?“ von Ayleen Lyschamaya, https://amzn.to/3BNznb8

  • 23. Dezember 2022 um 9:18 Uhr
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    23. Märchen-Nutzen – Märchen nutzen: Märchenvorleserinnen und Märchenvorleser

    Von den Märchenerzählerinnen und Märchenerzählern sind die Märchenvorleserinnen und Märchenvorleser als eigenständige Form der Sprachkunst zu unterscheiden. Während Märchenerzählerinnen und Märchenerzähler leichter den Kontakt zum Publikum herstellen können, haben Märchenvorleserinnen und Märchenvorleser den Vorteil, dass sie komplexere Texte anbieten können.

    Schon Grundschülerinnen und Grundschüler üben sich im Vorlesen von Märchen. So wurde 2010 ein Vorlesewettbewerb „Europäische Märchen“ vom EU- Informationsbüro Europe Direct Ostsachsen veranstaltet.[1] An Erwachsene werden Anforderungen an Lesetempo, Stimmvolumen und -färbung, Artikulation, Tempo und Atmung gestellt. Auch das Einbeziehen der Zuhörerinnen und Zuhörer, beispielsweise die Fragen von Kindern, will gelernt sein.

    Schulungen im Vorlesen von Märchen gibt es vor allem für das Pflege- und Betreuungspersonal von Demenzkranken. Deutschlandweit werden von der Pflegekasse finanzierte Vorleseschulungen für das Pflege- und Betreuungspersonal von Senioreneinrichtungen angeboten. Das Pflege- und Betreuungspersonal kann sich zu professionellen Märchenvorleserinnen und Märchenvorlesern ausbilden lassen. Insbesondere lautes und klares Sprechen, genügend Lesepausen und eine niedrige Lesegeschwindigkeit sind für die Demenzpatientinnen und -patienten wichtig. Diese Mitarbeiter/innen-Schulung dauert 16 Stunden, wird zu 100% von den Pflegekassen finanziert, ist als Fortbildung anerkannt und die Teilnehmenden erhalten ein Zertifikat.[2]

    Auch ein Hochschulzertifikat ist möglich durch die Ausbildung zur Demenzerzählerin oder zum Demenzerzähler. Diese Ausbildung wird angeboten von der Alice-Salomon-Hochschule in Berlin, als die größte staatliche SAGE-Hochschule (Soziale Arbeit, Gesundheit und Erziehung) Deutschlands. Die Ausbildung bzw. Weiterbildung richtet sich unter anderem an Pflegefachpersonal sowie Märchenerzählerinnen und Märchenerzähler. Dies ist zwar kein Vorlesen, sondern Erzählen, wird in Corona-Zeiten aber wiederum als digitale Märchenstunde angeboten.[3]

    Das Märchenvorlesen wird zum Erreichen von bestimmten Zielen eingesetzt. So soll bei Kindern durch Vorlesewettbewerbe die Lesekompetenz gefördert werden. Dazu bedarf es keiner Märchen mit versteckten Bewusstseinsbotschaften, sondern dieses Ziel kann mit anderer Kinderliteratur besser erreicht werden. Märchen sind nicht nur grausam, vermitteln veraltete Rollenbilder und waren ursprünglich für Erwachsene gedacht, sondern orientieren vor allem das Unbewusste durch ihre archetypischen Bilder in eine entwicklungsschädliche Ausrichtung.

    Bei den Demenzpatientinnen und -patienten beruht die Wirkung auf den Märchen als solchen. Nur ist es keine positive Wirkung, wenn die versteckten Märchenbotschaften dahin gehen, am Leben festzuhalten, statt sich seelisch auf den Tod vorzubereiten. Die archetypische Symbolik der Märchen leitet die Seele dazu an, sich ins Irdische hinein dem Ego unterzuordnen. Insbesondere gegen Ende des Lebens ist es aber besonders wichtig, guten Zugang zur Seele zu haben. Die Seele bewirkt das friedliche hinübergleiten in den Tod.

    Aufgrund ihrer versteckten Bewusstseinsbotschaften sind Märchen für Kinder ebenso wie für Pflege- und Betreuungspersonal und auch für Demenzpatientinnen und -patienten schädlich.

    [1] „Beste Märchenvorleser werden prämiert“ von Bild, 2010.

    [2] “Es war einmal … Märchen und Demenz, Präventionsmaßnahme für Pflegeeinrichtungen“ von Märchenland, Zentrum für Prävention und Gesundheitsförderung GmbH & Co. KG, Stand 11/2022.

    [3] „Digitale Märchenstunde gegen Demenz – Angebot für Pflegeeinrichtungen“ von Caritas als Erfahrung mit dem Märchenland-Projekt.

  • 24. Dezember 2022 um 9:04 Uhr
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    24. Märchen-Nutzen – Märchen nutzen: Märchenherkunft

    Heute, am Heiligen Abend, wird in christlichen Ländern etwas mehr als 2000 Jahre zurück auf die Geburt von Jesus geschaut. Die Weihnachtsgeschichte gehört für viele Menschen als Brauchtum zur geliebten Tradition. Doch noch sehr viel weiter in die Menschheitsgeschichte zurück, bis in die weit vorchristliche Zeit, reichen märchenhafte Motive und Themen als Brauchtum. Von damals bis heute prägten und prägen Märchen die Gesellschaft.

    Was die Entstehungszeit und den Ursprung der Märchen betrifft, gibt es verschiedenste Theorien. Zu den bedeutendsten Theorien gehören die „indogermanische Theorie“ der Gebrüder Grimm, die „indische Theorie“, die „anthropologische Schule“ und die „finnische Schule“. Letztere bezieht sich auf die Funktion von Märchen in der Gemeinschaft, während die anthropologische Schule die Märchen mit den Sitten, Denkgewohnheiten und Traumerfahrungen primitiver Völker in Beziehung setzt. Die indogermanische Theorie besagt, dass die gleichen Märchenmotive bei verschiedenen Völkern unabhängig voneinander auftreten können, einige Märchen aber so zusammengefügt sind, dass von einer Wanderung ausgegangen werden muss. Die indische Theorie setzt diese Wanderthese dahingehend fort, dass viele Märchen ihren Ursprung in Indien haben sollen und von dort aus nach Europa gekommen sein sollen. Einigkeit herrscht lediglich darüber, dass die Märchenmotive noch viel älter sind als die Märchen, in denen sie auftreten.[1]

    Für die europäische Märchentradition spielten die wirtschaftlichen Beziehungen Europas zum Orient eine große Rolle. Im Mittelalter wurden indische Märchen durch Seefahrer von Indien nach Westeuropa verbreitet und in europäische Sprachen übersetzt. Viele Sprachforscherinnen und Sprachforscher gehen davon aus, dass Indien als der Ursprungsort von den Märchen anzusehen ist. Ein bekannter Vertreter dieser Theorie ist beispielsweise der deutsche Orientalist und Sprachforscher Theodor Benfey. Seine Grundannahme war, die buddhistische Literatur in Indien sei der Ausgangsort nahezu aller Märchen gewesen und diese seien erst im Mittelalter auf schriftlichem Weg in den Westen gelangt.[2]

    Märchen wurden von Generation zu Generation weitererzählt. Bis weit ins 18. Jahrhundert hinein waren Märchen vor allem in ländlichen Gegenden eine übliche Form der Abendunterhaltung für Erwachsene. Erst später wurden sie aufgeschrieben, weltweit bekannt durch die Gebrüder Grimm. Deren 1812 veröffentlichtes Buch „Kinder- und Hausmärchen“ sollte zunächst ein wissenschaftliches Werk sein. Erst mit der zweiten Auflage, drei Jahre später, änderten die Gebrüder Grimm ihre Zielsetzung hin zu einem Erziehungsbuch für Kinder.

    Gegen Ende des 19. Jahrhunderts, in der wilhelminischen Zeit, wurden Märchen fester Bestandteil von Schulbüchern und der Erziehung. Im Dritten Reich wurden die Märchen dann ideologisch missbraucht, indem beispielsweise die schlafende Prinzessin von einem Prinzen in SA-Uniform mit dem Hitlergruß geweckt wurde. Nach dem Ende des Dritten Reichs wurden die Märchen deshalb als völkisch-braunes Gedankengut aus den Schulen verbannt. Insbesondere auch aufgrund ihrer Gewaltdarstellungen gerieten Märchen pädagogisch in die Kritik und wurden schließlich erst wieder durch die Wissenschaft rehabilitiert. Heute noch wird sich auf Bruno Bettelheims psychoanalytische Perspektive in seinem Buch „Kinder brauchen Märchen“ berufen, um Märchen für Kinder zu rechtfertigen.

    Die Herkunft und die Geschichte der Märchen mit ihren verschiedenen gesellschaftlichen Einflüssen sind von Bedeutung, wenn man die Märchen schwerpunktmäßig psychologisch-gesellschaftlich zu deuten versucht. Um die Weisheitslehre der Märchen besser nachvollziehen zu können, ist es hilfreich, damalige Weltanschauungen ebenso mit einzubeziehen wie religiöse Einflüsse. Dies alles verliert jedoch an Bedeutung, wenn man die zugrundeliegenden Bewusstseinsbotschaften kennt.

    Die archetypische Symbolik der Märchen spricht weltweit über alle Unterschiede hinweg an, weil sie dem eigentlichen Menschsein entspringt. Der ureigene, individuelle und kollektive Wesenskern der Menschen drückt sich in und durch die Märchen aus und wird weltweit intuitiv verstanden. Deswegen finden sich früheste Aufzeichnungen märchenhafter Themen und Motive schon in der antiken Welt vor mehr als 5.000 Jahren. Wie sich dieser menschliche Wesenskern evolutionär von damals bis heute entwickelt hat, lässt sich anhand der Märchen nachvollziehen. Unterhalb des rational Zugänglichen und geschichtlich Nachvollziehbaren befinden sich die versteckten Bewusstseinsbotschaften, welche die menschliche Evolution von ihren Ursprüngen bis heute nachvollziehbar machen.

    [1] „Märchen: Theorie, Didaktik und Lernziele im Fremdsprachenunterricht“ von Joanna Rurainski, 2001.

    [2] „Märchen“ von StudySmarter und Wikipedia zu „Theodor Benfey“, Stand 11/2022.

  • 27. Dezember 2022 um 7:09 Uhr
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    25. Märchen-Nutzen – Märchen nutzen: Märchen in Wissenschaft und Forschung

    In Wissenschaft und Forschung werden Märchen von unterschiedlichen Ansätzen aus untersucht. Die vergleichende Märchenforschung teilt Märchen nach ihren wesentlichen Erzählinhalten in Kategorien ein, beispielsweise Tiermärchen, Zaubermärchen, religiöse Märchen usw. Die Strukturanalyse untersucht den Aufbau der Märchen. Diese beiden Ansätze legen ihren Schwerpunkt auf die Art und Abfolge der typischen Märcheninhalte. Anhand der Erzählstrukturen von Märchen und von Sprachvergleichen wird versucht, die Märchen verschiedenen Zeitaltern zuzuordnen.

    Das Alter der Märchen lässt sich außerdem dadurch bestimmen, dass die Märchen in eine Reihenfolge ihrer Bewusstseinsentwicklung gebracht werden. Ein Beispiel dafür ist die „Märchenhistorie“. Die Inhalte der Märchen entsprechen kollektiven Bewusstseinskonstellationen, die aufeinander aufbauen.[1] Dementsprechend sind die Märchen auch für andere Fachbereiche sehr interessant, speziell für die Anthropologie, die Geschichtswissenschaften, die Philosophie, die Psychologie und für die Bewusstseinsforschung.

    Ein weiterer Ansatz beschäftigt sich mit der moralischen Funktion der Märchen. Festgestellt wurde beispielsweise, dass die Märchen keine Aussage über das Motiv einer Handlung machen. Stattdessen wird die moralische Befriedigung dadurch erzielt, dass eine als ungerecht empfundene Situation so verändert wird, dass sie dem Gerechtigkeitsempfinden entspricht. Das Gute siegt über das Böse und das Böse wird bestraft.

    Die Zuordnung der Märcheninhalte zu Gut und Böse gibt wichtigen Aufschluss über das kollektive Bewusstsein, weil viele Märchen den Umgang mit Bewusstseinsinhalten vermitteln. Die Märchen beschreiben, was von den Menschen der damaligen Zeit jeweils aufgrund ihrer Bewusstseinskonstellation als Gut und Böse empfunden wurde und wie sie damit umgingen. Daraus ergeben sich Fragestellungen wie beispielsweise nach dem Ursprung von Moral und Ethik im Bewusstsein.

    Weitere Ansätze der Märchenforschung kommen aus anderen Fachbereichen, beispielsweise aus der Anthropologie, Geschichtswissenschaft und Psychologie. Eine zentrale These ist, dass in Märchen archetypische Inhalte des kollektiven Unbewussten dargestellt werden. Märchen sollen in symbolischer Form psychologische Orientierung geben. Zusätzlich sollen Märchen oftmals kollektiv die Einseitigkeit herrschender Werte kompensieren. Das heißt, aus dem kollektiven Unbewussten heraus versuchen Märchen, die menschliche Gemeinschaft zu orientieren und deren Defizite auszugleichen.

    Diese wichtige gesellschaftliche Orientierungs- und Ausgleichsfunktion der Märchen beruht auf einem kollektiven Unbewussten, das, wie der Begriff schon sagt, unbewusst ist. Daher ist es die Aufgabe der Märchenforschung, das kollektive Unbewusste in den Märchen zu untersuchen, um daraus wichtige Informationen über die Vergangenheit und für die Zukunft der Menschen zu gewinnen. Da das kollektive Unbewusste inzwischen bekannt ist, ebenso wie welche (unbewussten) Bewusstseinsbotschaften die grimmschen Märchen vermitteln[2], kann auf dieser Basis geforscht werden.

    [1] „Welche Botschaft vermitteln die grimmschen Märchen?“ von Ayleen Lyschamaya, https://amzn.to/3BNznb8

    [2] „Welche Botschaft vermitteln die grimmschen Märchen?“ von Ayleen Lyschamaya, https://amzn.to/3BNznb8

  • 28. Dezember 2022 um 9:17 Uhr
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    26. Märchen-Nutzen – Märchen nutzen: Märchenforschung in Bezug auf Kinder

    Die Märchenforschung in Bezug auf Kinder[1] entschied die Diskussion um den pädagogischen Wert von Märchen dahingehend, dass Märchen entwicklungsfördernd sind. In „Kinder brauchen Märchen“ weist Bruno Bettelheim aus psychoanalytischer Perspektive nach, dass Märchen Kindern nutzen. Die deutschsprachige Wissenschaft unterstützt Bettelheims Plädoyer für Märchen in der Kindererziehung.

    Märchen sind für Kinder Lebenshilfe, weil sie durch ihre symbolisch-bildhafte Form der kindlichen Wahrnehmung entsprechen. Eigene innere Bilder der Kinder werden angeregt. Die Märchen machen innere Vorgänge verständlich und drücken die Wahrheit der Fantasie aus. Märchen bieten Projektionshilfen, sodass Ängste und innere Konflikte besser bewältigt werden können. Dadurch werden Kinder von eigenen unangenehmen Gefühlen entlastet.

    Wichtig ist zu wissen, welche inneren Konfliktlösungsstrategien durch die Märchen angeboten und welche Vorgehensweisen zum Umgang mit Gefühlen vermittelt werden. Dafür ist der Aufbau des menschlichen Bewusstseins grundlegend, sodass daran die entwicklungsfördernde Wirkung der Märchen beurteilt werden kann. Die jeweilige Aussage der einzelnen Märchen wird in „Welche Botschaft vermitteln die grimmschen Märchen?“[2] erläutert.

    Märchen fördern das Sprachgefühl und die Gedächtnisleistung. Durch das frühe Erzählen und Vorlesen werden die spätere Lesefähigkeit und der Umgang mit Texten gefördert.

    Außerdem bieten Märchen Vorbilder, von denen gelernt werden kann. Eine Heldin oder ein Held ermutigen zu eigener innerer Entwicklung. Es werden Wertvorstellungen vermittelt und in den Kindern angelegte prosoziale Eigenschaften verstärkt. Märchen stärken das Gefühl des kulturellen Zusammenhalts und schaffen ein Bewusstsein für gemeinsame Werte und Normen.

    Diese Werte und Normen entwickeln sich gesamtgesellschaftlich weiter. Das kollektive Bewusstsein der menschlichen Gemeinschaft hat sich im Zeitverlauf verändert. Dementsprechend lassen sich die Märchen historisch verschiedener Entstehungszeit zuordnen. Beispielsweise ist das Märchen „Rotkäppchen“ in der Märchenhistorie früh entstanden, während „Schneewittchen“ später zuzuordnen ist und „Hänsel und Gretel“ zu den letzten grimmschen Volksmärchen gehört. Insofern ist es die Aufgabe der Märchenforschung in Bezug auf Kinder, die gesellschaftlichen Werte zu untersuchen, die durch die einzelnen Märchen weitergegeben werden.

    Kinder erkennen in Märchen ihre eigenen Erfahrungen, Erlebnisse und Gefühle wieder. Ein Großteil der Märchen hat die Familie zum Ausgangspunkt. In dieser herrschen Feindseligkeit, Armut und elterliche Wut. Kinder lernen, dass sie selbst erfolgreich sein können, auch ohne ihre Eltern, die nicht perfekt und allmächtig sind.

    Da die grimmschen Volksmärchen ursprünglich nicht für Kinder geschrieben, sondern nur später für Kinder angepasst wurden, beziehen sie sich nicht auf die Entwicklungssituationen der Kinder. Vielmehr beschreiben die Märchen die Erwachsenenweltsicht, der sich die Kinder ausgesetzt fühlen.

    Die Märchen vermitteln die innere Familie der Erwachsenen, in welche die Kinder gesellschaftlich hineinwachsen. Das heißt, die Märchen bringen den Kindern bei, sich bestmöglich an das kulturell jeweils vorherrschende Erwachsenenbewusstsein anzupassen. Da sich dieses weiterentwickelt hat, ist es die Aufgabe der Märchenforschung, die Bewusstseinsbotschaften der Märchen auf die aktuellen gesellschaftlichen Normen und Werte hin zu untersuchen. Nicht die kindliche Entwicklung ist in den Märchen zu finden, sondern die Weltanschauung, wie die Kinder gesellschaftlich geprägt werden.

    [1] „Bruno Bettelheim: Kinder brauchen Märchen“ von Heike vom Orde, 2012; „Was Märchen zur psychischen Gesundheit von Kindern und Jugendlichen beitragen“ von Johannes Wilkes, 2016; „Aschenputtel – wo liegen die Chancen der Märchen für Kinder?“ von Jürgen Barthelmes, 2016.

    [2] „Welche Botschaft vermitteln die grimmschen Märchen?“ von Ayleen Lyschamaya, https://amzn.to/3BNznb8

  • 29. Dezember 2022 um 7:56 Uhr
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    27. Märchen-Nutzen – Märchen nutzen: Werte, Normen und Bewusstsein der Märchen

    Märchen haben großen Einfluss auf die Gesellschaft und setzen bereits bei den Kindern an. Nach Ansicht der Märchenforschung fördern Märchen die kindliche Entwicklung, weil Kinder speziell vom Stil der Märchen angesprochen werden. Da Märchen jedoch ursprünglich für Erwachsene erzählt und aufgeschrieben wurden, stimmt nur die symbolisch-bildhafte Form überein, nicht aber der Inhalt. Die Märchen vermitteln in Kinder ansprechender Art und Weise Werte und Normen, die ursprünglich an Erwachsene gerichtet waren. Das heißt, Märchen formen die Kinder in Hinblick auf erwachsene gesellschaftliche Werte und Normen.

    Die gesellschaftlichen Werte und Normen ergeben sich aus dem kollektiven Bewusstsein. Dies wiederum beruht auf dem kollektiven Unbewussten. Märchen geben das kollektive Unbewusste in symbolischer Form weiter und dadurch Orientierung. Von Generation zu Generation werden damit Lebensanleitungen vermittelt, deren Inhalt den Menschen nicht bewusst ist; das heißt, ohne dass die Menschen um den Einfluss auf ihr Bewusstsein wissen. Umso wichtiger ist es, die Märchenbotschaften zu kennen. Das Buch „Welche Botschaft vermitteln die grimmschen Märchen?“[1] gibt die Antwort.

    Märchen als solche sind wertvoll für die Vermittlung von Bewusstseinsbotschaften. Entscheidend dafür, ob Märchen sich positiv auswirken, ist, welche Bewusstseinsbotschaften sie konkret weitergeben. Können Märchen entwicklungsfördernd und heilend sein, wenn sie einen „bösen“ eigenen Persönlichkeitsanteil grausamst bestrafen? Märchen sind ein Spiegel für das eigene ebenso wie für das kollektive Bewusstsein und beinhalten dadurch die Chance, bewusster zu werden.

    [1] „Welche Botschaft vermitteln die grimmschen Märchen?“ von Ayleen Lyschamaya, https://amzn.to/3BNznb8

  • 30. Dezember 2022 um 8:25 Uhr
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    28. Märchen-Nutzen – Märchen nutzen: Märchenempfehlung diskutiert

    Die deutschsprachige Märchenforschung[1] empfiehlt Märchen für Kinder. Dabei beruft sie sich insbesondere auf das Buch von Bruno Bettelheim „Kinder brauchen Märchen“. Nach Bruno Bettelheim produzieren Märchen weder Aggressionen noch Ängste, sondern helfen bei der Bewältigung dieser Gefühle. Die grausamen Geschichten sollen eine Lebenshilfe für Kinder sein, weil sie Schwierigkeiten des Heranwachsens thematisieren. Aus Bruno Bettelheims psychoanalytischer Sichtweise handeln viele Märchen von oralen und ödipalen Konflikten, von gewalttätigen und phallischen Phantasien, von Furcht vor Sexualität oder Kastration, von Erniedrigung, Selbstzerstörung und von Trennungsangst.

    Da Märchen ursprünglich für Erwachsene erzählt und aufgeschrieben wurden, sind es zunächst erst einmal Themen, die Erwachsene betreffen. Die psychoanalytische Sichtweise geht davon aus, dass diese Inhalte zugleich naturgegebene Schwierigkeiten des Heranwachsens wiedergeben. Dem steht gegenüber, dass Kinder genau umgekehrt von außen (familiär, gesellschaftlich) mit diesen Themen konfrontiert, beispielsweise durch Märchen, mit entsprechenden inneren Schwierigkeiten reagieren. Inwieweit die Schwierigkeiten des Heranwachsens von innen oder von außen kommen, kann jedoch offen bleiben, weil in beiden Fällen letztlich die angebotene Lösung der Märchen entscheidend ist.

    Für Kinder ebenso wie für Erwachsene bieten Märchen die Lösung „Gut gegen Böse und das Gute gewinnt“ an. Dabei handelt es sich um „gute“ und „böse“ innere Persönlichkeitsanteile. Wenn innere Persönlichkeitsanteile „böse“ sind, kann dies mit „verletzt“ übersetzt werden. Verletzt sind in den Märchen regelmäßig die Stiefmutter und die Hexe, also das Weibliche. Ein böser Stiefvater kommt dagegen in keinem einzigen grimmschen Märchen vor, obwohl die äußere familiäre Situation der damaligen Zeit ebenso wie die Familiensituationen in den Märchen aus Stiefmutter und Stiefvater bestehen.

    Der häufige Kritikpunkt an Märchen, dass die Geschlechterrollen konventionell verteilt sind, entfällt, weil es sich um innere Anteile handelt, die jede und jeder, unabhängig vom Geschlecht, in sich hat. Die viel größere, versteckte – und damit unbemerkte – Problematik ist viel schwerwiegender. Das gesellschaftlich sehr verletzte Weibliche wird als „böse“ dargestellt und „besiegt“. Das ist im individuellen ebenso wie im kollektiven Bewusstsein und für die Gesellschaft kein gutes, sondern ein katastrophal schlechtes Märchenende. Gut geht ein Märchen aus, wenn die verletzten inneren Anteile geheilt werden. Insofern sind die grimmschen Märchen weder für Kinder noch für die Gesellschaft entwicklungsfördernd.

    [1] „Bruno Bettelheim: Kinder brauchen Märchen“ von Heike vom Orde, 2012, (m.w.N).

  • 31. Dezember 2022 um 8:44 Uhr
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    29. Märchen-Nutzen – Märchen nutzen: Die grimmschen Kinder- und Hausmärchen

    Heute, zu Silvester, geht wieder ein Jahr zu Ende, sodass sich ein Rückblick anbietet. Deswegen soll auf den Ursprung der Märchen, wie sie heute noch in Deutschland und weltweit bekannt sind, zurückgeschaut werden.

    Die Geschichte des Volksmärchens erlebte im 19. Jahrhundert einen großen Aufschwung durch die Veröffentlichung der berühmten grimmschen Sammlung „Kinder- und Hausmärchen“. Diese gaben Jacob und Wilhelm Grimm von 1812 bis 1858 heraus. Mit der zweiten Auflage haben die Gebrüder Grimm die Märchen so überarbeitet, dass sie Kindern vorgelesen werden konnten. Erst diese Auflage brachte den Publikumserfolg. In ganz Europa wurden nach dem Vorbild der Gebrüder Grimm Volksmärchen aufgezeichnet und veröffentlicht.

    Ab der zweiten Auflage waren die Kinder- und Hausmärchen im Wesentlichen in dem Stil geschrieben, wie er die Vorstellung von Märchen bis heute noch prägt. Es kam zu einer zunehmenden Sentimentalisierung, Entsexualisierung und Verchristlichung. Einer literarischen Tradition folgend, ging die Rolle des Bösen von den Müttern auf die Stiefmütter über. Fremdwörter wurden ersetzt und volkstümliche Redewendungen ergänzt. Wichtige Details wurden geändert, um dem zeitgemäßen Geschmack des vorwiegend bürgerlichen Publikums zu entsprechen.[1]

    Nach Ansicht vieler Forscherinnen und Forscher sollten die Gebrüder Grimm nicht nur sorgfältige Sammler alter Traditionen gewesen sein, obwohl die grimmsche Märchensammlung als sehr authentische Volksliteratur gilt. Die Forscherinnen und Forscher gehen vielmehr davon aus, dass die grimmsche Märchensammlung eine Mischung aus neuen Texten, Kunstmärchen und teils stark bearbeiteten und veränderten Volksmärchen ist. Sowohl die Quellen der Märchen als auch die Gebrüder Grimm haben die Märchen stark beeinflusst. Dabei reagierten die Gebrüder Grimm auf die zeitgenössische Kritik, die auf gefälligere erzählerische Bearbeitung des Materials gedrängt hatte.

    Inwieweit kann unter diesen Umständen noch davon ausgegangen werden, dass die grimmschen Märchen die gesellschaftliche Allgemeinheit vertreten? Der ursprüngliche grimmsche Anspruch einer literaturhistorischen Sammlung sollte nicht außer Acht gelassen werden. Dieser hat die grundsätzliche Einstellung und Vorgehensweise der Gebrüder Grimm geprägt. Die Erwartungen an ein Kinderbuch wurden eher von außen an sie herangetragen, sodass sie sich ihnen anpassten.

    Die Gebrüder Grimm schrieben in ihren Vorreden, dass es sich bei den gesammelten Märchen um „echt hessische Märchen“ handeln würde, welche ihren Ursprung in altnordischen und urdeutschen Mythen hätten. Die Forschung fand jedoch heraus, dass die grimmsche Hauptquelle nicht eine hessische Bäuerin, sondern eine gebildete Schneiderin mit französischen Wurzeln war. Doch auch eine gebildete Schneiderin kann Volksmärchen erzählt haben, sodass darin kein Mangel zu sehen ist. Die Erweiterung über die engen Landesgrenzen hinaus macht die Botschaften der grimmschen Märchen sogar umso repräsentativer, weil sie aus einer größeren Allgemeinheit schöpfen.

    Festgehalten werden kann, dass, ebenso wie bei allen mündlichen Überlieferungen zuvor, immer auch ein persönlicher Einfluss auf die Märchen gegeben ist. Im Fall der grimmschen Kinder- und Hausmärchen ergibt sich dieser durch die Gebrüder Grimm und ihre Quellen. Und dennoch kommen, trotz dieser persönlichen und gesellschaftlichen Einflüsse, die archetypischen Märchenmotive weltweit ähnlich vor. „Märchen“ leitet sich vom mittelhochdeutschen „maere“ ab und bedeutet so viel wie „Kunde“ oder „Nachricht“. Diese Botschaften der Märchen werden, unabhängig von persönlichen und gesellschaftlichen Ausgestaltungen, aus dem unbewussten Wesenskern der Menschen heraus weitergegeben.

    Allerdings kommt es auch vor, dass einige ursprüngliche Bewusstseinsbotschaften der Märchen durch viele nachträgliche Veränderungen widersprüchlich geworden sind. Diese ursprünglichen Märchenbotschaften sind dann durch ihre nunmehr nur noch verwirrenden Bewusstseinsanleitungen verlorengegangen. Dies ist allerdings von Vorteil, weil die allermeisten noch zu verstehenden Bewusstseinsbotschaften schädliche Lebensanleitungen vermitteln.

    Insofern sollten die grimmschen Kinder- und Hausmärchen wieder den Wert bekommen, den die Gebrüder Grimm ihnen ursprünglich zugedacht hatten: als literaturhistorische Sammlung. Dadurch werden die grimmschen Märchen den Menschen nicht mehr schaden, sondern ihnen stattdessen nutzen.

    [1] Wikipedia zu „Grimms Märchen“ (m.w.N.), Stand 11/2022.

  • 1. Januar 2023 um 9:57 Uhr
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    30. Märchen-Nutzen – Märchen nutzen: Märchenzukunft

    Seit Jahren bietet „WDR 5 Spezial“ zu Neujahr einen Märchen-Marathon an. An Neujahr 2022 wurden beispielsweise Märchen aus den 1950er und 1960er Jahren präsentiert. Mit Hörspielen und Lesungen werden große und kleine Märchenfans vier Stunden lang unterhalten.

    Andere Märchenangebote, beispielsweise im Internet und als Bücher, haben die grimmschen Kinder- und Hausmärchen an die zeitgemäße deutsche Sprache angepasst und überarbeitet. Dabei können Handlung und Verlauf von den Originalen abweichen und zu grausame Stellen sind kindgerecht umgeschrieben.

    In der Schule, häufig in der fünften Klasse, wird gerne gelehrt, Märchentextstellen (z.B. den Schluss) eigenständig kreativ zu gestalten oder ganz und gar ein eigenes Märchen zu schreiben.

    Insofern lässt sich sagen, dass der ursprünglich freie Umgang mit den erzählten Märchen auch durch die Buchform nicht vollständig verlorengegangen ist. Märchen bleiben veränderbare, zeitgemäß anpassbare Geschichten. Dadurch behalten Märchen einen zeitlosen, wichtigen Wert für die Menschen.

    Bei den Märchen sind die Märchenform und der Märcheninhalt zu unterscheiden. Die Märchenform mit ihrer bildhaften Sprache und archetypischen Symbolik ist ausgesprochen wertvoll. Schon Kindern geben Märchen Orientierung und eine Lebensanleitung. Den Erwachsenen können Märchen spirituelle Weisheiten vermitteln, die sonst rational nicht zu erfassen sind. Mit dem Herzen intuitiv aufgenommen werden universelle Wahrheiten erspürt. Dieses Wertvolle ist alles der Märchenform möglich, wenn denn auch die Märcheninhalte entsprechend positiv wären ‒ sind sie aber nicht.

    Stattdessen wird die wertvolle Märchenform für die Vermittlung versteckter schädlicher Märcheninhalte missbraucht. Dadurch, dass Märchen intuitiv statt rational aufgenommen werden, ist es ein Leichtes, verborgene Märchenbotschaften unbemerkt weiterzugeben. Die versteckten Märchenbotschaften richten sich an das Unbewusste, bleiben unbewusst und entfalten aus dem Unbewussten heraus ihre schädliche Wirkung. In dem Moment jedoch, in dem die versteckten Märchenbotschaften aufgedeckt und bewusst werden, kann sich gegen diesen negativen Einfluss entschieden werden.

    Die wertvolle Märchenform als solche lässt sich jedoch durchaus nutzen, wenn sie denn positive Märchenbotschaften vermittelt. Dazu ist es wichtig, die archetypische Symbolik rational bewusst zu machen, sodass bekannt ist, auf welche Märchenbotschaft sich mit dem jeweiligen Märchen eingelassen wird. Es kann dann rational entschieden werden, ob sich auf die durch das Märchen intuitiv vermittelte Botschaft eingelassen werden möchte. Durch das jeweilige Märchen wird die rational akzeptierte, bewusste Märchenbotschaft zusätzlich intuitiv mit dem Herzen erfasst.

    Diese wertvolle Vorgehensweise wenden die Märchen des neuen Zeitalters an. Die Inhalte des höheren Bewusstseinsniveaus werden mit rational erklärter Symbolik durch Märchen intuitiv vermittelt, um sie mit dem Herzen erfassen zu können. Dazu wird beim kollektiven Ausgangniveau des Bewusstseins des alten Zeitalters als „Hänsel und Gretel“ abgeholt. Die schädliche Botschaft dieses Märchens ist zur heilenden Märchenbotschaft als „Gretel und Hänsel“ überarbeitet.

    Von dem heileren Bewusstsein des neuen Märchens „Gretel und Hänsel“ aus geht es dann aber mit der Heilung und Bewusstseinsentwicklung noch weiter. Vier Fortsetzungsmärchen zu „Gretel und Hänsel“ vermitteln die vollständige Heilung, die dadurch mögliche höhere Bewusstseinskompetenz und den universellen Plan. Diese fünf Märchen des neuen Zeitalters mit ihren offengelegten wertvollen Bewusstseinsbotschaften sind in der Märchensammlung „Gretel und Hänsel heilen die Hexe“ zusammengefasst.

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