Welcher Nutzen lässt sich aus der Kenntnis der grimmschen Märchenbotschaften ziehen? Eigentlich reicht es doch zu wissen, dass die meisten grimmschen Märchen versteckte schädliche Bewusstseinsbotschaften enthalten, um die grimmschen Märchen nicht mehr zu lesen.
Das wäre schade, denn in zweifacher Hinsicht sind die grimmschen Märchen nach wie vor ein wahrer Schatz. Erstens bieten sie gutes Material für die Wissenschaft. Egal ob es um psychologische und kulturelle Zusammenhänge oder um historische Erklärungen geht, ist alles viel besser zu durchschauen, wenn man die versteckten Einflüsse im menschlichen Bewusstsein kennt.
Zweitens sind die ehemaligen Lieblingsmärchen nachträglich ein gutes Hilfsmittel zur Selbsterkenntnis – sofern man die Kinder künftig solchen Märchenbotschaften nicht mehr aussetzt. Dies möchte ich gerne anhand meines persönlichen Lieblingsmärchens verdeutlichen. Dies gehörte nicht zu den grimmschen Märchen, sondern war das russische Volksmärchen „Die schöne Wassilissa“. Die starke weibliche Spiritualität sprach mich an. In gegenteiliger Entsprechung mochte ich „Hänsel und Gretel“ von allen Märchen am wenigsten, weil in dem Märchen die weibliche Spiritualität vollends zerstört wird.
„Die schöne Wassilissa“ war früher mein Lieblingsmärchen, in dem mir ganz besonders der Aufenthalt bei der Baba Jaga gefiel. Allerdings störte es mich schon als Kind, dass Baba Jaga etwas ambivalent beschrieben wurde. Meinem Gefühl nach hätte sie zwar furchteinflößend bleiben dürfen, aber gegenüber Wassilissa eindeutiger gut sein müssen. In meiner Fantasie machte ich Baba Jaga zur starken, guten weisen Alten. Den Schluss mit dem König bzw. Zaren, nach der Verbrennung der Stieffamilie, enthielt meine damalige Märchenversion entweder nicht oder ich hatte ihn inzwischen vollständig vergessen.
Warum war dies mein Lieblingsmärchen gewesen? Nun, kaum verwunderlich als Musubis weibliche Gestaltungskraft. Mich faszinierte dieses Märchen, weil sich Wassilissa auf den Weg zur weiblichen Urkraft machte, exakt mein späterer Lebensweg, bereits eingeprägt als mein Seelenplan.
Die drei Reiter, als weißer, heller Tag, die rote Sonne und schwarze dunkle Nacht, hatten mich schon als Kind irritiert. Vermutlich waren sie die Überreste der ursprünglichen Baba Jaga als naturverbundene Göttin. Doch war der universelle Ursprung des Weiblichen bereits zu irdischen Reitern verdreht. Dies entsprach nicht meinem noch intuitiven Wissen um die eigentliche Ausrichtung der weiblichen Urkraft zum Universellen hin.
Auch das Verbot, zu viele Fragen zu stellen, störte mich schon damals sehr. Es widersprach meiner Erkenntnisstärke, die meine vorantreibende Kraft auf meinem spirituellen Weg war. Warum sollten außerdem nur Fragen zum Außen erlaubt sein, wenn das Wesen der weisen Alten als Fragen zu ihrem Inneren der Zugang zum Universellen war? Heute weiß ich, dass diese Märchenbotschaften falsch waren. Damals irritierten und verunsicherten sie mich.
Die Stieffamilie zu verbrennen, das heißt, sie zu verdrängen, ist in dem Märchen nicht richtig. Der ambivalente, schon etwas verdrehte universelle Zugang durch Baba Jaga ist die Stärke des Weiblichen. Doch statt diese universelle Stärke bis ins irdische Weibliche hinein durch Wassilissa mit ihrer intuitiven Puppe herzustellen, kommt es zur Verdrängung der Stieffamilie. Tatsächlich ist diese Verdrängung der Baba Jaga in der Form aber gar nicht möglich.
Für Verdrängung braucht es Mentalkörper-Energie, während Baba Jaga über heilende spirituelle Energie verfügt. Auch ist Feuer das männliche Element. Daher kann davon ausgegangen werden, dass der Ursprung des Verdrängungsfeuers nicht bei Baba Jaga war, sondern sich versteckte Einflüsse des karmischen Dominanzsystems zeigen.
Zum Ende heiratet Wassilissa dann den König bzw. Zaren, trägt aber weiterhin ihre Puppenintuition lebenslang bei sich. Zu der kraftvollen Baba Jaga hält sie keinen Kontakt, aber die abgemilderte Alte aus der Stadt nimmt sie zu sich.
In diesem Märchen wurde der starken Weiblichkeit mutig begegnet, weshalb es früher mein Lieblingsmärchen war. Diese Stärke wird dann aber gegen das eigene Weibliche gerichtet, sodass das Weibliche zwar noch reststark, aber schon geschwächt aus dem Märchen hervorgeht. Auch von dieser Lebensanleitung des Märchens kann daher nur abgeraten werden.
Weiter zur Märchenhistorie, zur Symbolik von Schneewittchen oder zu dem überarbeiteten Märchen „Schneewittchen heilt die Königin„.